Mit Leckerli und Geduld werden Wellensittiche zahm
Bonn/dpa. - Wer sich einen Wellensittich zulegt, besitzt sehr wahrscheinlich erstmal ein ziemlich scheues Tier. Aber das muss nicht so bleiben: Mit Geduld und Geschick sowie ausreichend Leckereien in der Speisekammer, kann der Vogel gezähmt werden.
Das Verhältnis zum Flattermann kann sogar sehr innig werden und das einstmals scheue Tier lässt sich vom Halter auf der Hand herumtragen. Doch auch dann gilt immer noch: Artgenossen kann ihm ein Mensch nicht ersetzen.
Wellensittiche sind sehr soziale Vögel, die draußen in der Natur in Schwärmen leben, sagt Heidrun Betz vom Deutschen Tierschutzbund in Bonn. «Wird ein Vogel zu Hause allein und damit nicht artgerecht gehalten, wird er versuchen, zu seinem Besitzer Kontakt aufzubauen.» Das sei allerdings ein für den Vogel unnatürliches Verhalten. Doch auch wer - wie es sein sollte - mehrere Wellensittiche hält, kann sie handzahm machen. Es dürfte dann nur etwas länger dauern.
Bei der Tierrechts-Organisation PETA in Gerlingen bei Stuttgart sieht man das Zähmen von Wellensittichen insgesamt eher kritisch. Nach Worten von Mitarbeiterin Andrea Müller lohnt sich der Aufwand dafür aber trotzdem: «Für den Tierarztbesuch oder Pflegemaßnahmen kann es von Vorteil sein, wenn ein Wellensittich handzahm ist.»
Sylvia Schöbe aus Wittenberg in Sachsen-Anhalt weiß aus eigener Erfahrung, dass es dabei vor allem auf Geduld ankommt: Die gelernte Erzieherin hält seit ihrer Kindheit immer wieder Wellensittiche und andere gefiederte Tiere. «Gerade muntere Vögel sind von Natur aus misstrauisch», schildert sie ihre Erfahrung. Deshalb rät sie davon ab, mit dem Training schon am ersten Tag zu beginnen.
Besser sei es, den Tieren erstmal Zeit zu geben, damit sie sich mit ihrem neuen Zuhause vertraut machen können. Viel mit ihnen zu sprechen, empfehle sich in dieser Phase trotzdem. Auch Heidrun Betz rät frischgebackenen Besitzern, sich von Anfang an so oft wie möglich in der Nähe der Voliere oder des Käfigs aufzuhalten. Dabei bewegen sie sich den schreckhaften Vögeln zuliebe am besten langsam.
Mit dem Üben losgehen kann es dann, sobald sich die Sittiche nicht mehr erschrecken, wenn der Mensch in ihre Nähe kommt. «Als erstes kann man dem Tier die Angst vor der Hand nehmen, in dem man ihm ein Leckerli anbietet. Das klappt fast immer.»
Das kann ein Hirsekolben sein, die Wellensittiche besonders gern mögen. Er wird anfangs zwischen die Gitterstäbe der Voliere oder des Käfigs geklemmt und nach ein paar Tagen dann auf die Hand gelegt. «Der Vogel sollte aber nicht bedrängt werden. Ein paar Zentimeter Abstand müssen gewahrt werden, um ihn nicht zu überfordern.»
Will das Tier keinen Kontakt, wird es seine Abneigung schnell zeigen, sagt Heidrun Betz. «Dann fliegt es zum Beispiel weg oder versucht, sich in der hintersten Ecke des Vogelbauers zu verstecken.» Auf keinen Fall sollte der Halter dann versuchen, den Wellensittich zu greifen. Damit würde er ihn womöglich auf lange Zeit verschrecken. «Besser ist es, den Vogel erstmal ein paar Tage in Ruhe zu lassen.»
Damit ein Vogel seine Angst vor der Hand des Besitzers schnell verliert, sollte sie immer ruhig gehalten werden, sagt Sylvia Schöbe. «Trotzdem kann es sein, dass man tagelang keinen Fortschritt sieht. Doch das ist kein Grund, aufzugeben.» Am besten sei es, das Training immer zur selben Tageszeit zu wiederholen. So werde der Ablauf für die Sittiche eher zur Gewohnheit.
«Um besser an den Hirsekolben ranzukommen, wird der Vogel bald den Fuß auf die Hand des Besitzers stellen», erzählt Schöbe. Der andere Fuß bleibt meist zur Sicherheit auf der Stange. Wer von diesem Moment an noch ein paar Tage geduldig weiterübt, dürfte sich schließlich darüber freuen können, dass der Sittich die ganze Hand als Sitzplatz akzeptiert.
«Um den Vogel dazu zu bringen, dass er ganz auf die Hand steigt, kann man sie sanft gegen den Bauch des Tieres drücken», rät Sylvia Schöbe - und hat noch einen wichtigen Tipp parat: «Auf jeden Fall sollte der Handrücken als Sitzfläche angeboten werden, da Vögel die Handinnenfläche scheuen - aus Angst, dass man sie so besser greifen kann.»
Mit einer letzten Übung wird dem Wellensittich laut Sylvia Schöbe endgültig die Scheu genommen: «Sitzt er auf der Hand, die man in die Voliere gestreckt hat, kann man versuchen, ihn langsam herauszunehmen.» Am Anfang wird das Tier wohl noch abspringen und Sicherheit auf seiner Stange suchen. Aber nach mehrmaligem Probieren wird er auf der Hand sitzenbleiben.