Liebe auf Italienisch
Halle (Saale)/MZ. - Große Stimmen und große Emotionen sind das Markenzeichen von Marshall & Alexander. Seit 13 Jahren stehen sie gemeinsam auf der Bühne. Beide sind ausgebildete Opernsänger. Jay Alexander studierte an der Musikhochschule Karlsruhe. Marc Marshall, Sohn von Tony Marshall, zog ein Studium in den USA, fern vom Ruhm des Vaters, vor. Doch irgendwann kreuzten sich ihre Wege, und die Karriere als Duo begann. "La Stella" ist das jüngste Album der Beiden. Mit der "La Stella-Show italiano" gastieren sie am 14. Dezember um 20 Uhr in der halleschen Händel-Halle und am 5. Februar im Gewandhaus Leipzig. Sylvia Pommert hat Marc Marshall und Jay Alexander getroffen.
Warum muss es Italienisch sein? Sie haben doch beide keine italienischen Wurzeln, oder?
Alexander: Nein, aber Italienisch ist die Sprache der Liebe. In dieser Sprache kann man Emotionen ganz wunderbar transportieren.
Marshall: Bevor das Album entstand, haben wir wochenlang mit einem italienischen Coach vom Staatstheater München gearbeitet, damit die Phrasierung stimmt. Wir haben an jeder Silbe gefeilt. Und es ist toll, wenn dann anschließend Italiener kommen und sagen: Ihr klingt italienischer denn je. Es geht uns also nicht einfach nur darum, italienisch zu singen. Das haben wir früher auch mal gemacht, einfach so. Heute würde ich sagen: So ein ... naja. Die Qualität muss stimmen. Wir machen unsere Sachen zu 90 Prozent in Reinkultur. Darauf legen wir großen Wert.
Es heißt, es sei der blanke Zufall gewesen, dass Sie sich als Duo fanden.
Alexander: Wir haben zuvor auf Galas gesungen und in Opernproduktionen. Aber ansonsten gingen wir jeder unseren eigenen Weg.
Marshall: Und dann kam der Tag, an dem Jay im Studio sein Solo-Album einsingen wollte. Ich war eigentlich Produzent. Jay war mit einigen tiefen Tönen nicht zufrieden und übergab mir das Mikrophon. So sang ich die erste Stimme und er die zweite. Es war, wenn man so will, eine Probe. Aber irgendwer hat die Aufnahmetaste gedrückt. Wir hätten nie gedacht, dass plötzlich jemand Lust hat, mit uns ein gemeinsames Projekt zu machen. Es waren Norbert Endlich, Neumi Neumann und Thomas Stein, die im Studio die Aufnahme zusammengemischt und dann vorgespielt haben. Doch dann ging alles recht schnell.
Alexander: Gott sei Dank kann man manche Dinge nicht lenken. Ich vergleiche unsere Karriere gern mit einem Stöckchen im Fluss. Irgendwo bleibt es hängen und nimmt etwas mit. Irgendwann ist es ein großes Objekt. Auch wir haben auf unserer Reise eine Menge Ideen gesammelt und umgesetzt, haben Häuser gefüllt und Menschen berührt.
Welches Rezept gibt es, um als Duo erfolgreich zu funktionieren?
Marshall: Das ist verrückt. Diese Frage bekommen wir oft gestellt. Und ich kann da jetzt kein Patentrezept abgeben. Es muss halt passen. Das ist so, als stellten Sie die Frage, wie eine Ehe funktioniert. Das kann man nicht beantworten.
Alexander: Es ist ein glücklicher Umstand. Genauso glücklich wie die Tatsache, dass unsere Stimmen so gut zusammenpassen.
Welche Rolle spielen Soloprojekte? Sind sie Bestätigung oder Auszeit?
Alexander: Beides natürlich. Es ist wichtig, sich auszuprobieren, um dann auch wieder neue Erfahrungen in gemeinsame Vorhaben einfließen zu lassen.
Marshall: Man darf ja nicht vergessen, dass wir kein Kunstprodukt sind. Sondern wir sind zwei Individualisten, die sich einer Sache verschreiben. Zwei Menschen mit individuellen Stärken, Schwächen, Eigenheiten, die auch jeder für sich erhalten will. So brauchen wir jeder für uns diesen Freiraum, um uns weiter zu entwickeln. Sonst würde da irgendwann ein Stillstand eintreten. Wir sind ja nicht verurteilt dazu, Marshall & Alexander zu sein. Aber solange es so viel Freude macht und wir uns Jahr für Jahr konstant immer ein bisschen weiter entwickeln können, ist das gut fürs Business. Für unsere Arbeit ist jeder von uns gleichermaßen verantwortlich. Schließlich stehen wir beide zusammen da vorn auf der Bühne. Die Menschen wollen dieses Paket. Und dafür brennen wir. Wenn man dadurch noch dazu Freude empfängt über so viele Jahre, dann haben wir alles richtig gemacht.
Alexander: Das ist Glück.
Sie, Herr Marshall, arbeiten auch als Texter, Komponist, Produzent und so weiter. Hat sich im Laufe der Jahre der Schwerpunkt hin zu Marshall & Alexander verschoben?
Marshall: Mein ganzes Leben lang hielt ich mich in all diesen Feldern gerne auf. Und offensichtlich besitze ich genug Energie, um all das zu bewältigen. An erster Stelle aber stand immer Marshall & Alexander. Das ist mein Leben. Dafür habe ich keine Hobbys. Die brauche ich nicht.
Ihre Familie ist nicht Ihr Hobby?
Marshall: Nein, das wäre ja schlimm. Wahrscheinlich ist es sogar ein Problem in der heutigen Zeit, dass viele ihre Familie als Hobby sehen. Und dann kann es nicht funktionieren. Familie ist die Grundlage, um all das tun zu können, was Marshall & Alexander ausmacht.
Man hat Sie mal als Interpreten der Wohlfühlkultur bezeichnet. Welche Gefühle wollen Sie wecken?
Marshall: Das ist, glaube ich, der falsche Ansatz. Wenn Sie die Künstler fragen, was sie wollen, dann lösen Sie Gedanken aus, die ich nicht weiter verfolgen möchte. Vielleicht so: Ich möchte das, was ich mache, gern tun. Und wenn wir es gerne tun, dann besteht die Chance, dass wir anderen Menschen auch etwas Gutes tun. Eine Garantie gibt es allerdings auch dann nicht. Sonst könnte es ja jeder machen.
Alexander: Geborgenheit zum Beispiel ist in dieser Zeit ein hoher Wert. Und wenn man mit der Musik dazu beitragen kann, dann ist das ein Riesengeschenk. Manche Leute sagen, es ist kitschig. Aber auch Kitsch kann schön sein. Es ist alles eine Frage des Blickwinkels.
Wo ist für Sie die Grenze zwischen Kunst und Kitsch?
Marshall: Das ist eine ganz schwierige und vor allem eine typisch deutsche Frage. Denn das geht schon wieder in die Richtung "U" und "E", gut und schlecht. Doch genau durch diese Diskussion nehmen wir den Menschen ihre Freude. Jeder soll doch für sich entscheiden, ob er jetzt kalte Nudeln isst oder warme, ob er einen Rotwein, einen Weißwein oder ein Wasser trinkt. Doch ständig werden die Leute manipuliert, und es wird ihnen gesagt, was angeblich das Beste für sie ist. Das ist eigentlich eine Frechheit. Deshalb danke ich für die Frage, denn so kann man diese Dinge auch mal ansprechen. Die Menschen sollen selbst entscheiden, ob sie unsere Musik mögen oder nicht. Und nicht wenige mögen sie.