Letzte Hoffnung Stofftierklinik
Baden-Baden/dpa. - Als Mutzli in die Klinik gebracht wurde, hatte er weder Augen noch Ohren. Die Hälfte seines linken Arms fehlte. Und auch sonst sah der Teddybär aus Mohairplüsch recht angeschlagen aus.
Doch für Verena Demont-Ernst war er noch längst kein hoffnungsloser Fall. Die «Stofftierärztin» hat schon viele Patienten wie Mutzli behandelt. Mit Nähnadel, Holzwolle, Filz und Plüsch bewaffnet macht sie sich täglich ans Werk, um die heiß geliebten «Peters», «Bärlis» und «Mariechens» ihrer Kunden zu retten. Und bisher konnte sie noch jedem Patienten zur Genesung verhelfen. So auch Teddy Mutzli: nach getaner Arbeit sah der Bär fast aus wie neu.
Mit der Eröffnung ihrer Stofftierklinik vor zwei Jahren in Baden- Baden hat Verena Demont-Ernst ihr Hobby zum Beruf gemacht. Sie selbst ist leidenschaftliche Sammlerin, hat rund 200 Stofftiere zu Hause, hauptsächlich Hunde. «Weil ich die auch als lebendige Tiere gerne mag.»
Viele Stücke aus ihrer Sammlung erstand Demont-Ernst im Internet. «Die kamen dann oft ziemlich ramponiert bei mir an.» Um die seltenen Exemplare doch noch zu retten, nahm sie selbst die Nadel in die Hand. Sie bildete sich weiter, las Bücher über Stofftiere und belegte einen Bärennähkurs. Bald kam sie auf die Idee, dieses Gewerbe professionell zu betreiben. Schließlich gab es schon in anderen Städten Stofftierkliniken.
Die 59-Jährige repariert nicht nur alte Stofftiere, sie verkauft sie auch in ihrem Laden. Seite an Seite sind hier auf 20 Quadratmetern Affen, Hasen, Elefanten, Papageien, Wölfe und viele andere Maskottchen aufgereiht. Liebevoll sind außerdem antike Puppen auf Sofas und in Vitrinen zum Verkauf ausgestellt. Alle Stücke im «StofftierAntiquariat» tragen gute alte Namen wie Steiff oder Schildkröt, sagt Demont-Ernst. Sie stehen für Qualität. «Früher war das eine richtige Kapitalanlage. Da hat man für so manchen original erhaltenen Steiff-Bären von 1910 sogar bis zu 6000 Euro bekommen», erklärt sie. Doch inzwischen seien die Preise verfallen.
Eigentlich ist Verena Demont-Ernst gelernte Buchhändlerin. Doch egal, ob es sich um Bücher, Möbel, Puppen oder Bären handelt - alte Dinge bereiten ihr große Freude. «Ich frage mich immer, welche Erinnerungen an den Sachen hängen», erklärt die Sammlerin. Vor kurzem brachte ihr eine Frau einen Teddybären, der schon ziemlich in die Jahre gekommen war. Er war das Geschenk eines russischen Soldaten und ihr Begleiter, als sie im Zweiten Weltkrieg als kleines Mädchen auf der Flucht war. Wegen Geschichten wie dieser mag Demont-Ernst ihren zweiten Beruf so gerne. «In meinem Laden erkennen viele die Puppen ihrer Kindheit wieder. Es ist eine Freude, das mitanzusehen.»
Für Kinder ist ihr Laden allerdings wenig geeignet - viel zu wertvoll sind die Sammlerstücke darin. Die Jüngeren interessierten sich aber auch kaum für ihre antiken Stofftiere, meint Demont-Ernst. «Der Geschmack hat sich verändert. Das Spielzeug heutzutage ist viel technisierter.» Ihr Reparaturdienst jedoch hat ebenso viele kleine wie große Kunden. Schon oft musste Demont-Ernst ein abgekuscheltes Stofftier vor dem Ende retten. Das muss dann manchmal schnell gehen, weil die kleinen Besitzer nicht lange auf ihre Tiere verzichten können. «Ob teuer oder preiswert - die kleinen Lieblinge sind für Kinder nicht ersetzbar. Sie sind ihre Tröster.»
Nähere Informationen: www.stofftierklinik.de