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Lange Haare bei Jungen sind im Trend

Von Caroline Bock 04.09.2007, 08:18

Berlin/dpa. - Der Trend ist nicht zu übersehen. Ob im Kino bei den «wilden Kerlen», im Werbeprospekt von «H&M» oder auf Spielplätzen und Schulhöfen: Viele Jungen tragen heutzutage - schon im Kindergarten oder in der Grundschule - lange Haare.

Beim Bäcker mit «Na, kleines Fräulein?» angesprochen zu werden, finden sie ganz offensichtlich nicht mehr schlimm. Auch jugendliche Stars und Prominenten-Kinder ließen sich bereits die Haare wachsen, angefangen bei Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz bis zum Nachwuchs von Boris Becker. Auf dem Fußballplatz, wo Haarbänder keine Seltenheit sind, gibt es ebenfalls modische Vorbilder.

Die Fachwelt spricht vom «Out of Bed»-Look - wie gerade aus dem Bett aufgestanden. Meist tragen die Jungs die Haare durchgestuft, erinnern an kalifornische Skater oder Surfer. «Der Haarschnitt sieht ein bisschen aus wie rausgewachsen, ist aber sehr akkurat», sagt der ehemalige Lüneburger Friseur-Weltmeister Klaus Dieter Kaiser. Er vermutet, dass es auch mit der jetzigen Elterngeneration zusammenhängen könnte, wenn beispielsweise der Vater früher lange Haare trug.

Sein Berliner Kollege Shan Rahimkhan meint: «Das ist ein Trend, der etwas länger anhält.» Von der Mami verordnet ist die Frisur demnach nicht. Die Jungen fänden den lässigen Look cool, meint der Friseur. Das bestätigt auch die Kinderfriseurin im Berliner Kaufhaus KaDeWe. «Die Jungs wollen das selbst», sagt Ines Zaulig. Rahimkhan findet lange Haare bis zum Alter von etwa 15 Jahren passend, nicht bei erwachsenen Männern. Und: Bitte nicht mit Pony. Auch im Internet wird die haarige Angelegenheit schon diskutiert. «Lass sie doch einfach ausprobieren, wie es ihnen gefällt», wird einer besorgten Mutter in einem Forum empfohlen.

Hat es mit veränderten Rollenbildern zu tun, in einer Zeit, in der auch mehr Mädchen Fußball spielen als früher? Die Soziologin Waltraud Cornelißen vom Deutschen Jugendinstitut in München ist zurückhaltend. Eine gesellschaftliche Öffnung sei ein langsamer Prozess, meint sie. Sicher spielten die Medien, Musik- und Fernsehstars eine Rolle, außerdem sei Kindern vom Grundschulalter an die Meinung der Gleichaltrigen zunehmend wichtig gegenüber dem, was Mutter und Vater sagen. «Ich glaube auch, dass Eltern gegenüber ungewöhnlichen Interessen offener sind als früher.»

Die langhaarigen Jungs sind selbstbewusst, wie zum Beispiel die beiden Berliner Brüder Noah (11) und Leander (13). Beide zucken mit den Achseln, auf die Frage, ob es ihnen etwas ausmacht, für ein Mädchen gehalten zu werden. Tokio Hotel ist ihnen jedenfalls kein modisches Vorbild für ihre braunen Mähnen, beteuern sie. Noah bringt es beim Interview an einem Brandenburger Badesee auf den Punkt: «Kurze Haare sind einfach unmodern.»