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Korn Korn: Geliebte und verkannte Spirituose

Von Heidemarie Pütz 30.08.2002, 20:15

Dortmund/Münster/dpa. - Für die einen ist Korn ein Genuss, für die anderen billigerSchützenfest-Fusel. Ältere schwören auf spezielle Marken und kennenbisweilen den Brenner noch persönlich. Jüngere denken an Heimatfilmund Kuhstall und wollen lieber internationales Flair im Glas. Dabeikann der deutsche Branntwein neben Whisky oder Wodka durchausbestehen: Pohlmann zufolge zählt er wie italienischer Grappa undgriechischer Ouzo zu den herkunftsgeschützten Spirituosen Europas.

Nach europäischem Recht darf sich nur Korn nennen, was aus dervergorenen Maische des vollen Korns von Weizen, Gerste, Hafer, Roggenoder Buchweizen destilliert wird - und auch nur in deutschsprachigenGebieten mit einer langen Korntradition. Sonst bleibt es «nur» eineGetreidespirituose. Verboten ist ebenso das Beimischen von Alkoholund Geschmackszusätzen. Wo Korn oder Kornbrand drauf steht, musstatsächlich Korn mit mindestens 32 oder bei Kornbrand - meist alsDoppelkorn bekannt - mit 37,5 Volumenprozent Alkohol enthalten sein.

Nach Angaben der Deutschen Kornbranntwein-Verwertungsstelle (DKV)in Münster sorgen rund 600 Brennereien mit jährlich rund 30 MillionenLiter Kornalkohol dafür, dass etwa 130 Millionen Flaschen gefülltwerden können. Aber nur eine Hand voll Kornmarken sei überregionalbekannt, sagt Eva-Maria Pohlmann. Etliche Brennereien verkauften ihrFeindestillat regional.

Viele Schritte sind notwendig, um aus einem wogenden Ährenfeldeinen guten Schluck zu brennen: Zuerst wird die im Getreideenthaltene Stärke durch Wärme und Wasser aufgeschlossen. Dem dabeientstehenden Brei - der Maische - wird Gerstenmalz zugesetzt, die dieStärke in Zucker verwandelt. Mit der Beigabe von Hefe beginnt dieVergärung des Zuckers zu Alkohol und Kohlensäure. In der so genanntenRohbrandkolonne zum Sieden gebracht, verflüchtigt sich der Alkoholaus der Maische und wird als Dampf in der Spitze aufgefangen,abgekühlt und wieder verflüssigt.

Der zu hochprozentige und zu unreine Rohbrand wird anschließendein weiteres Mal destilliert, um danach als Feinbrand mit Trinkwasserauf die vorgeschriebene Alkoholstärke gebracht zu werden. JedeBrennerei kennt dafür ihre spezielle Rezeptur. Ein Weizenkorn istmilder als beispielsweise der würzige Korn aus reinem Roggen. Undnicht jeder Korn ist ein Klarer: Der Nordhäuser Doppelkorn etwaerhält seine leicht gelbliche Färbung durch einen hohen Anteil anLagerkorn, der mindestens zwei Jahre in Eichenholz gereift ist,erklärt Jochen Einenckel von der Nordhäuser Traditionsbrennerei.

Nicht als «Kurzer», sondern in Mixgetränken spielt Korn laut UschiFalcke von der Deutschen Barkeeper Union in Hamburg inzwischen auchwieder an der Bar eine Rolle. «Mit Korn zu mixen ist einfach. ImGegensatz zu allen dunklen Spirituosen hat er kein starkes Aroma»,sagt Vladislaw Davidenko, Besitzer eines Training-Centers fürBarkeeper in Berlin. Selbst dem Wodka macht neuerdings eineisgekühlter Eiskorn mit Eiszeitwasser Konkurrenz.