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Unerfüllter Kinderwunsch Kinderwunsch: Was hilft um endlich schwanger zu werden?

19.02.2016, 10:30

Erst ist da eine große Hoffnung. Dieser besondere Moment, in dem sich ein Paar für ein weiteres Leben entscheidet. Sie setzt die Pille ab, er entrümpelt das Gästezimmer, das nun Kinderzimmer werden soll. Es vergehen Wochen, dann Monate, in denen man sich vorstellt, wie das Leben mit Kind sein könnte. Dann wird man unruhig. Das Kinderzimmer in spe ist zwischenzeitlich wieder zum Gästezimmer und Abstellraum geworden. Irgendwann ist da mehr Angst als Hoffnung. Die Tipps und Ratschläge von Freundinnen bleiben erfolglos. Auch der Frauenarzt weiß schließlich nicht mehr weiter und überweist an einen Hormonspezialisten.

Mehr als ein Jahr ungeschützter Sex – kein Kind

„Von Unfruchtbarkeit spricht man heute, wenn ein Paar länger als ein Jahr bei regelmäßigem ungeschütztem Geschlechtsverkehr vergeblich versucht, ein Kind zu bekommen“, erklärt Dr. Philipp Wiehle von der Klinik für Frauenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg. „Wichtig ist, dass man sich vor allem mit zunehmendem Alter nicht blind auf die Möglichkeiten der modernen Medizin verlässt und zu viel fruchtbare Zeit verliert“, so Wiehle, „sondern wenn man einen Kinderwunsch hat, möglichst spätestens bis Mitte 30 aktiv wird.“ Dann könne man auch noch in Ruhe reagieren, wenn es auf einfachem Weg nicht schnell genug klappt, so der Ärztliche Leiter der Abteilung für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.

Künstliche Befruchtung ist oft erst der letzte Schritt

„Viele glauben, dass sie ohne künstliche Befruchtung gar nicht mehr schwanger werden können, das ist aber häufig nicht der Fall“, sagt Professor Thomas Strowitzki von der Frauenklinik des Universitätsklinikums Heidelberg. „Etwa die Hälfte unserer Patientinnen wird ohne künstliche Befruchtung schwanger“, so der Ärztliche Direktor der Abteilung „Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen“. Manchmal lässt sich das Problem nämlich viel weniger aufwendig lösen. „Unser Ansatz ist, zunächst einmal alles dafür zu tun, dass die beiden Partner auf natürlichem Wege zusammen schwanger werden können“, so Strowitzki.

Zyklusbeobachtung als erste Maßnahme

 „Der erste Schritt ist in der Regel eine genaue Zyklusbeobachtung mithilfe von Ultraschallmessungen und Blutwerten“, erklärt Wiehle. Oft seien nämlich Zyklusstörungen die Ursache für eine Unfruchtbarkeit.

Die Zyklusschwankungen würden aber nicht, wie einige Frauen vermuten, durch die jahrelange Einnahme der Pille ausgelöst, erkärt Professor Strowitzki. „Die Pille hat die Zyklusprobleme sozusagen nur maskiert.“ Stress oder sehr schnelle Zu- oder Gewichtsabnahme können die Schwankungen auslösen, sie können aber auch viele andere Gründe haben. Die Arbeit der Ärzte gleicht hier oft denen von Detektiven. Für die Fahndung nach der Ursache dafür, dass der Zyklus der Frau aus dem Takt geraten ist, bestimmen sie ein sogenanntes „Hormonprofil“.

Medikamente gegen die Überproduktion des Milchhormons

Nicht selten ist eine Überproduktion des Hormons Prolaktin Auslöser dafür, dass es nicht klappt mit dem Schwangerwerden. Das Milch bildende Hormon stört nämlich die Funktion der Eierstöcke. Die Überproduktion von Prolaktin kann an einer Schilddrüsenfehlfunktion liegen, aber auch an Medikamenten die man regelmäßig einnimmt, etwa an manchen Antidepressiva, Blutdruck- oder Epilepsiemedikamenten. „Ist dies der Fall, wird dementsprechend versucht, die Ursache zu beheben, also die Schiddrüse richtig eingestellt oder das Medikament ersetzt“, so Wiehle. Wenn auch ausgeschlossen werden kann, dass ein Tumor für den Überschuss des Hormons verantwortlich ist, können Frauen prolaktinhemmende Medikamente einnehmen, die den Zyklus in Gang bringen und regelmäßige Eisprünge ermöglichen können.

Abnehmen gegen zu viele männliche Hormone

Auch zu viele männliche Hormone bei Frauen könnten „die Eierstockfunktion massiv beeinträchtigen“, erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf ihrer Themenseite zur Hormonbehandlung unter Familienplanung.de. „Dieses Phänomen tritt häufig bei übergewichtigen Frauen auf“, sagt Strowitzki. „Manchmal reicht es dann schon, wenn die Patientin abnimmt.“ Wenn dies nicht der Fall ist, könnten auch hier Medikamente zum Einsatz kommen, die Auswirkungen männlicher Hormone verringern.

„Je länger es trotz regelmäßiger Zyklen und regelmäßigen Geschlechtsverkehrs nicht klappt, sollte man außerdem sichergehen, dass organisch bei beiden Partnern alles in Ordnung ist“, erklärt Wiehle. Die Spermienproduktion des Mannes und die Eileiter der Frau werden etwa genau untersucht.

Hormone bei frühzeitiger Erschöpfung der Eierstöcke

Bei einer frühzeitigen Erschöpfung der Eierstöcke, also drohenden vorzeitigen Wechseljahren, könnten Hormone unter Umständen auch noch etwas ausrichten, so Wiehle: „In diesem Fall kommt es darauf an, den verbleibenden Eizellvorrat so schnell und effizient wie möglich zu nutzen.“

Eine Hormon-Pumpe hilft nach

Manchmal liegt das Problem auch da, wo man es auf den ersten Blick gar nicht vermuten würde: Die Steuerung der Eierstöcke übernimmt nämlich das Gehirn. „Die Mittelhirn sendet über Botenstoffe alle 90 Minuten, einen Impuls an die Hirnanhnagsdrüse, die dann die Eierstöcke erst stimulieren kann“, erklärt Strowitzki. Wenn diese zentrale Steuerung nicht funktioniert, könne eine Hormon-Pumpe das übernehmen. „Die Pumpe ist etwa so groß wie ein Streichholzschachtel, die man am Bauch oder Arm trägt und über einen winzigen Monitor kontrollieren kann.“ Über eine Plastiknadel, die unter die Haut geht, werden dann alle 90 Minuten die entscheidenden Impulse gesendet.

Die Pumpe könne man mehrere Wochen oder auch Monate nutzen, solange bis der Eisprung einsetze, so der Hormonspezialist, wobei der Inhalt der Schachtel und die Nadel alle drei Tage von den Patientinnen ausgewechselt werden müssten. „Mit der Pumpe kann man Sport machen und sogar schwimmen gehen“, erklärt der Arzt. Frauen, bei denen diese zentrale Steuerung nicht funktioniert, die also unter dem sogenannten „hypogonadotropen Hypogonadismus“ leiden, hätten sehr gute Chancen, doch noch Kinder zu bekommen, sagt Strowitzki. „Mehr als 90 Prozent der Patientinnen werden schwanger, nachdem die Hormon-Pumpe eingesetzt wurde.“ (rer)