Kinderernährung Kinderernährung: So essen Kinder gesund - Experten geben Tipps

Halle (Saale) - Kaum ist in Kita und Schule der Alltag wieder eingezogen, kann kaum ein Thema Eltern so entzweien wie die Frage nach dem richtigen Inhalt für die Brotdose ihrer Kinder. Dagegen machen Kinderärzte und Ernährungstherapeuten bei Ernährungsregeln für den Nachwuchs keinen Unterschied.
Ab dem ersten Geburtstag können die Kleinsten am Erwachsenenessen teilhaben. Entscheidend ist die altersgerechte Zubereitung. Für die Versorgung in Kita und Schule gelten daher neben einer festen Mittagsmahlzeit klare Regeln für alle.
Kinder, die zu Verstopfung neigen, sollten nicht zu viel Banane essen
Fünf Portionen Obst am Tag sollte jedes Kind bekommen. Das empfiehlt Kinderärztin Susann Weihrauch-Blüher von der Uniklinik Halle, die Mitglied in der Arbeitsgruppe Adipositas im Kindes- und Jugendalter der Deutschen Adipositasgesellschaft ist und selbst zwei Kinder hat. Die Sortenvielfalt bei Obst ist groß, und auch die Zubereitung lässt Variationen von Scheiben bis Mus zu. Mit der jeweiligen Portion Obst ist jede Brotdose gut gefüllt.
Kinder, die auf manche Sorten mit aufgeblähtem Bauch reagieren, können gelbe Kiwis, Melonen, Banane oder Beerenfrüchte bekommen, rät Ernährungstherapeutin Melanie Müller. Allerdings sollten Kinder, die zu Verstopfung neigen, nicht zu viel Banane essen.
Gesunde Ernährung: Diese Lebensmittel gehören nicht in die Brotdose
Süßigkeiten und Kuchen fehlen wertvolle Vitamin- und Mineralstoffe. Zudem enthalten sie zu viel Zucker. „Jede Mahlzeit, in der nur leere Kalorien gegessen werden, ist eine vertane Chance, ein Kind hochwertig zu ernähren“, sagt Ernährungstherapeutin Müller. Gummibärchen, süße Schnitten mit Milchcremefüllungen, Muffins, Kekse, Eierwaffeln, Milchbrötchen zählen demnach zu den Nahrungsmitteln, die die hochwertigen Speisen aus der Kost verdrängen können. Sie gehören deshalb nicht in die Brotdose. „Kinderärzte und Gastroenterologen merken zurzeit einen sehr starken Anstieg an Bauchbeschwerden“, sagt Müller.
Ähnlich sehen die Erfahrungen in der Uniklinik Halle aus. Das komme nicht von ungefähr: Zu viel Zucker und zu große Mengen an Nudeln werden nicht komplett verdaut. Zuckerreste wandern in den Dickdarm. Darmbakterien zersetzen diese, dabei bilden sich die Blähgase, die für oben genannte Beschwerden dann verantwortlich sind. Statt Kuchen, Weißbrot oder Süßem sollten Eltern besser Vollkornbrot belegen.
Fleisch, Wurst, Salz und Fett in Maßen
Nicht nur Süßes, auch übermäßig viel Fett und Salz können schädlich sein. „Eine Bratwurst hat etwa 450 Kalorien“, sagt Kinderärztin Weihrauch-Blüher. Damit wäre der Tagesbedarf eines Einjährigen (rund 950 Kalorien pro Tag) schon zur Hälfte gedeckt, die eines Fünfjährigen (rund 1 450 pro Tag) zu einem Drittel. Wurst und Fleisch sollten deshalb nicht mehr als zwei, drei Mal die Woche auf dem Speiseplan stehen.
Dabei vertraut die Expertin auch auf die Eltern. „Mit einem Blick auf die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln erhält man schnell einen Überblick, wo viel Fett, Salz oder Zucker enthalten ist“, sagt Weihrauch-Blüher. Diese Lebensmittel sollten im Supermarktregal stehen bleiben. Käse ist eine gute Alternative zu Wurst und beinhaltet zudem viel natürliches Calcium, das gut für das Knochenwachstum ist.
Das Auge isst mit: Bei den Eltern ist Kreativität gefragt
Kinder entdecken ihre Umwelt mit allen Sinnen. Deshalb spielt für sie das Aussehen der Lebensmittel eine große Rolle. Hier ist Kreativität gefragt. Kinderärztin Valeria Strauß empfiehlt, Lebensmittel zu gestalten und Brotbelag in Formen zu schneiden: Herzen, Sterne, Männchen - hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Obst und Gemüse lassen sich ebenfalls hübsch dekorieren: Trauben werden zur Raupe, aus Äpfeln werden Igel oder Schmetterlinge, Tomaten werden Autoräder und vieles mehr. Das animiert Kinder, auch Dinge zu essen, die sie nicht so mögen.
Wie oft darf es Süßes für den Nachwuchs geben?
Eine Hand voll Naschereien darf es den Kinderärzten und Ernährungstherapeuten zufolge ab und an dennoch sein. Dabei gilt es, das Handmaß der Kinder zu beachten. Eine Portion - egal, ob Eis oder Kuchen - entspricht dabei der Größe des Handtellers des Kindes. „Das Naschen kann ein schöner Luxus für zu Hause sein“, meint MelanieMüller.
Generell sei das Handmaß eine gute Orientierungsmöglichkeit für Eltern. „Manchmal stimmt die Zusammensetzung der Lebensmittel in der Brotdose, aber die Mengen sind zu hoch“, berichtet Valeria Strauß aus dem Alltag. Zu viel des Guten könne ebenfalls schaden. Auch ein belegtes Brot müsse den Experten zufolge nicht größer sein als die Hand des Kindes.
Nahrungsmittel dürfen niemals zu Erziehungszwecken missbraucht werden
Auf Kindergeburtstagen muss auf Kuchen aber nicht verzichtet werden. Diätassistentin Pia Kulka vom halleschen Uniklinikum sagt: „Ausnahmen wie Geburtstage oder andere Festivitäten müssen nicht reglementiert werden. Wichtig ist eine gesunde und bedarfsgerechte Ernährung im Alltag.“ Als Geschenk sollten Süßigkeiten jedoch nicht enthalten sein. „Alternativen können Malhefte oder Seifenblasen sein“, empfiehlt Kulka.
Ein gesundes Sättigungsgefühl ist Kindern in die Wiege gelegt. Darauf weist Kinderärztin Weihrauch-Blüher hin. Deshalb sollten Kinder nicht gezwungen werden, ihren Teller leer zu essen. Ohnehin dürften Nahrungsmittel niemals zu Erziehungszwecken missbraucht werden. „Das gilt ebenso für Bonbons als Lob wie für den Ausschluss von Mahlzeiten“, sagt Valeria Strauß. Die Freude am Essen muss stets im Vordergrund stehen. (mz)