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Karaoke Karaoke: Trend aus Japan erobert die deutschen Wohnzimmer

Von Tobias Wiethoff 09.02.2005, 11:07

München/Lorch/dpa. - Japaner stehen im Ruf, Leidenschaften unter einer Hülle aus Höflichkeit zu verbergen. Zu einer Leidenschaft bekennen sie sich aber ganz offen: Karaoke.

Oft machen sich ganze Trupps von Geschäftsleuten auf den Weg, um in Bars den musikalischen Offenbarungseid zu leisten. In Deutschland findet der Playback-Gesang erst seit kurzem immer mehr Anhänger.

Ein bisschen verwunderlich findet es Wolfgang «Bubi» Heilemann, Ex-Starfotograf und Chefredakteur der Jugendzeitschrift «Bravo», dass Karaoke in Deutschland so lange ein Vergnügen für Eingeweihte geblieben ist: «Schließlich gibt es nirgends auf der Welt so viele Gesangvereine wie bei uns.» Heilemann hat 1991 in München das erste deutsche Fachgeschäft für Karaoke-Bedarf gegründet.

Noch schillernder als Heilemanns berufliche Vergangenheit ist die seines Partners Leslie McKeown: Der Schotte war Mitte der siebziger Jahre Mittelpunkt der Teenie-Popband Bay City Rollers. Auf die Idee, mit Karaoke Geld zu verdienen, brachte die beiden McKeowns japanische Frau. Nachdem die Geschäfte eine Weile dahindümpelten, verzeichnet Heilemann nun eine anziehende Nachfrage.

Kompaktanlagen mit CD-Spieler, integrierten Mikrofonen, Bildschirmen für die Wiedergabe des Songtextes und Kameras zur Nachkontrolle wurden zwischenzeitlich auch von Discountern wie Tchibo und Aldi angeboten. Die von Medion zugelieferte Aldi-Anlage kostete im Weihnachtsgeschäft 99 Euro. Auf gleicher Höhe liegt der Startpreis der Karaoke-Maschinen, die das Unternehmen Elta aus Rödermark bei Frankfurt/Main in China einkauft und an Ketten wie Saturn oder Media Markt vertreibt. «Wir haben die Geräte erst seit kurzem im Programm», sagt Geschäftsführer Hans-Peter Senn. «Aber der Verkauf läuft gut an.»

Mit ihren günstigen Preisen könnten die Kompaktanlagen dem Playback-Gesang in Deutschland zum großen Durchbruch verhelfen. Karaoke-Händler Helmut Lehwalder aus Lorch in Hessen mag sie trotzdem nicht besonders: «Das Display ist klein, der Sound dünn.» Lehwalder versuchte es in Frankfurt ähnlich wie Wolfgang Heilemann zunächst mit einem Ladenlokal. Als der Umsatz immer mehr ins Internet abwanderte, machte er den Laden dicht und verlagerte den Firmensitz nach Lorch. Inzwischen laufen die Geschäfte auf seiner Website www.world-of-karaoke.com «brutal gut», wie er sagt.

Die Komplettanlagen sind für Lehwalder schon deshalb nur ein Fall fürs Kinderzimmer, weil im Wohnzimmer oft das meiste bereitsteht, was man für vollwertiges Karaoke braucht: Verstärker, Fernseher und gute Lautsprecher. Die zwei wichtigsten Zutaten freilich fehlen noch, und die können in Deutschland fast nur Spezialhändler wie Lehwalder oder Heilemann (www.karaoke.de) liefern: Abspielgerät und Karaoke-Discs. Karaoke-Discs unterscheiden sich zweifach von den Tonträgern mit den Originalaufnahmen: Zum einen fehlt die Stimme des Sängers, zum anderen enthält die Scheibe als Bildinformation den Songtext.

Im Internetshop von Helmut Lehwalder kostet das günstigste Abspielgerät 139 Euro. Im Prinzip ist es auch möglich, Karaoke-DVDs mit einem herkömmlichen DVD-Player abzuspielen und dabei mitzusingen. Dann kommt die Stimme aber nicht über die Lautsprecher und der gewünschte Showeffekt erst gar nicht auf. Um «karaokefähig» zu sein, braucht ein DVD-Player zwei Mikrofoneingänge und am besten Zusatzfunktionen wie ein digitales Echogerät oder einen Tonhöhenregler, der eine Anpassung an das Stimmvolumen des Sängers erlaubt.