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Justiz Justiz: Schwierige Suche nach dem richtigen Anwalt

Von Tobias Wiethoff 18.03.2005, 12:27

Berlin/Köln/dpa. - Wer einen medizinischen Spezialisten sucht, geht zum Facharzt. Wer einen juristischen Spezialisten sucht, geht zum Fachanwalt. Die Analogie ist einleuchtend, doch so ganz stimmte diese Gleichung in der Vergangenheit nicht.

Während die Medizin mit 23 Facharztgruppen einigermaßen lückenlos unterteilt war, galt das für das Rechtswesen nicht. Ganze 8 Spezialisierungen gab es bis vor kurzem: Steuer-, Verwaltungs-, Straf-, Familien-, Arbeits-, Sozial-, Insolvenz- und Versicherungsrecht.

Jetzt hat die Satzungsversammlung, das Parlament der Deutschen Anwaltschaft, die Einführung von 6 neuen Fachanwaltschaften beschlossen. «Der Zug der Zeit geht in Richtung Spezialisierung», sagt Stephan Göcken, Sprecher der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in Berlin. Dabei kommt die Anwaltschaft dem Laienverständnis stärker entgegen als bisher. «Wer etwa einen Verkehrsunfall hatte, sucht jemanden, der ihn umfassend vertritt», weiß Hubert W. van Bühren, Rechtsanwalt aus Köln und Vorsitzender des zuständigen Ausschusses der Satzungsversammlung. Um all das soll sich künftig der neue Fachanwalt für Verkehrsrecht kümmern.

Weitere Fachanwaltschaften wurden im Medizinrecht, Miet- und Wohneigentumsrecht, Bau- und Architektenrecht, Erbrecht sowie im Transport- und Speditionsrecht eingerichtet. Wer sich in diesen Rechtsgebieten als Fachanwalt hervortun möchte, muss in einer Prüfung theoretische Kenntnisse sowie eine bestimmte Anzahl durchgefochtener Fälle nachweisen.

Zwar gibt es nach wie vor nur eine beschränkte Anzahl von Fachanwaltschaften. Wer indessen das Branchentelefonbuch der Gelben Seiten aufschlägt, findet bei den Rechtsanwälten mehr als 100 Spezialisierungen. Jeder Anwalt darf zwei Tätigkeits- und drei Interessenschwerpunkte benennen. Der Tätigkeitsschwerpunkt ist etwas mehr wert, da er eine mindestens zweijährige Beschäftigung mit dem Thema einschließt. Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich entschieden, dass sich ein Anwalt auch ungeprüft als «Spezialist» anpreisen darf.

Verhältnismäßig neu für die deutschen Rechtsanwälte ist neben dem Trend zur Spezialisierung auch die weitgehende Werbefreiheit. Eine solche Marketingmaßnahme in eigener Sache ist zum Beispiel der Eintrag in Internet-Suchmaschinen. Zu den seriösen, die nicht nur Datenmüll bereithalten, gehört der Anwalt-Suchservice des Fachverlags Dr. Otto Schmidt in Köln. Rund 8000 Anwälte haben sich bislang gegen Gebühr aufnehmen lassen. Die Website www.anwalt-suchservice.de verzeichnet pro Jahr 480 000 Abrufe. Für telefonische Anfragen steht die Rufnummer 01805/25 45 55 zur Verfügung (12 Cent pro Minute). «Da sitzen Jurastudenten am anderen Ende der Leitung», sagt Sprecherin Annette Stich. «Laien wissen oft nicht, in welches Rechtsgebiet ihr Problem fällt.»

Etwas jünger, aber deutlich größer im Datenbestand ist die Anwaltauskunft des Deutschen Anwaltvereins (DAV), erreichbar im Internet unter www.anwaltauskunft.de oder telefonisch unter 01805/18 18 05 (12 Cent pro Minute). Ihr sind alle rund 60 000 DAV-Mitglieder angeschlossen.