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Jobben Jobben: Flaute am Fließband

14.06.2006, 13:22
Jobbende Jugendliche in der Fabrik sind ein seltener Anblick geworden. Schuld sind der Wegfall der Werksferien und steigende Anforderungen an die Qualifikation. (Foto: dpa)
Jobbende Jugendliche in der Fabrik sind ein seltener Anblick geworden. Schuld sind der Wegfall der Werksferien und steigende Anforderungen an die Qualifikation. (Foto: dpa) VW

Hamburg/Bremen/dpa. - Meist verdiente man gutes Geld, das im weiteren Schuljahroder Semester wieder ausgegeben werden konnte. Doch solche Jobs sindrar geworden. Wer einen davon ergattern will, darf nicht aufStellenausschreibungen warten, sondern muss selbst aktiv werden.

Der Umstand, dem in der Vergangenheit viele junge Leute einen gutdotierten Job zu verdanken hatten, wurde mit dem Begriff Werksferienbezeichnet. Während dieser Zeit sonnte sich ein beträchtlicher Teilder Belegschaft am Mittelmeer oder wanderte in den Alpen, so dass esin den Werkshallen Löcher zu stopfen gab. Da kamen Schüler undStudenten häufig gerade recht.

Heute sieht die Sitation anders aus: «Die typischen Werksferiengibt es nur noch selten», sagt Jörg Nowag, Pressesprecher der Agenturfür Arbeit in Bremen. «Die Arbeitszeiten sind flexibler geworden.» Inden Werken werde immer mehr projektorientiert gearbeitet. Hinzu kommtder Stellenabbau, der in zahlreichen Unternehmen stattgefunden hat -da passen die Hilfskräfte vielerorts nicht mehr ins Konzept.

Dies hat noch einen zweiten Grund: «In vielen Bereichen ist das sokompliziert geworden, dass man gar keine Aushilfen mehr ranlassenkann», erklärt Günter Willich vom Arbeitgeberverband Nordmetall inHamburg. «Die reinen Hilfstätigkeiten, das nimmt immer mehr ab, dieAnforderungen an solche Stellen steigen», bestätigt Jörg Nowag.

Das gilt selbst für vermeintlich unqualifizierte Tätigkeiten imLager: Man muss da teilweise Gabelstapler fahren können, man musskommissionieren und sich lange Zahlenkolonnen merken können», sagtNowag von der Agentur für Arbeit. Sich zu sagen «Ich finde nichtsBesseres, dann arbeite ich halt irgendwo im Lager», sei nicht mehrrealistisch.

Einen Beweis für diese Aussagen liefert ein Blick auf Webseitenzur Vermittlung von Schülerjobs: Zeitungsausträger werden dortgesucht, Prospektverteiler oder Interviewer in der Markt- undMeinungsforschung - aber so gut wie keine Jugendlichen, die in einerWerkshalle oder einem Lager anpacken sollen.

Völlig ausgeschlossen ist es dennoch nicht, einen solchen Job anLand zu ziehen - sei es für die Ferien oder sei es für eine bestimmteStundenzahl pro Woche. «Das läuft am besten über die Unternehmendirekt», sagt Heinz Oberlach, Pressesprecher der Bundesagentur fürArbeit in Nürnberg. «Da sollten die Jungs und Mädchen einfach malvorbeigehen und fragen.»

Günter Willich empfiehlt, die Suche auf kleinere Unternehmen amWohnort zu beschränken. Bei Handwerksbetrieben wie Metallbauern oderDruckereien, bei Zulieferern oder verschiedenen Dienstleistern gebees unter Umständen Arbeit - im Versand etwa, vielleicht auch im Büro.«Eine Tätigkeit als Bürobote, so etwas könnte ich mir vorstellen.» Inder eigentlichen Produktion und generell bei Großbetrieben dürfte esdagegen sehr schwierig werden.

Ein positiver Randaspekt der Flaute: Die Jobs, die gerade zu habensind, bergen kein hohes Verletzungsrisiko. Dennoch befinden sichJugendliche, die tatsächlich zum Zug kommen, in dieser Hinsicht aufder sicheren Seite: «Schüler oder Studenten sind während einesFerienjobs oder Praktikums bei Unfällen gesetzlich unfallversichert,das gilt auch bei Wegeunfällen», erklärt Roswitha Breuer-Asomaning,Sprecherin beim Bundesverband der Unfallkassen in München.

Auf Praktika haben Schüler Günter Willich zufolge generell bessereChancen als auf einen Ferien- oder Nebenjob in der Fertigung. «Dabeiist das Ziel aber, die Jugendlichen an einen Beruf heranzuführen, unddas Geldverdienen steht nicht im Vordergrund.» Für diejenigen, dieein paar Wochen lang tüchtig ranklotzen und verdienen wollen, ist dassomit keine Alternative.