1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Internetbetrug: Internetbetrug: Geschäfte mit der Gier

Internetbetrug Internetbetrug: Geschäfte mit der Gier

Von Steffen Könau 29.08.2015, 10:18
Trotz Verbot locken Gewinne neue Scammer
Trotz Verbot locken Gewinne neue Scammer peterswebsafety.com Lizenz

Halle (Saale) - Es war der Sommer vor zehn Jahren, als die Polizei in Bielefeld Alarm schlug. Dutzende Internetnutzer waren auf ein verlockendes Angebot im Netz hereingefallen: Gegen eine Beteiligung von 7,5 Prozent sollten sie nichts weiter tun, als große Geldsummen über ihre privaten Konten weiterleiten.

Natürlich steckten Kriminelle dahinter, die über die arglosen Helfer versuchten, illegale Gewinne zu waschen. Nicht die Hintermänner werden so im Fall einer erfolgreichen Fahndung erwischt. Sondern die mit dem Versprechen hoher Gewinne bei geringem Einsatz gelockten Mittelsmänner.

Ein Rezept, das auch zehn Jahre später noch funktioniert, wie die nach wie vor durchs Netz schwappende Flut von Mails mit ähnlichen Angeboten zeigt. Der einzige Unterschied zu den Gründerzeiten der Abzockindustrie liegt darin, dass die Urheber mittlerweile sehr viel ausgeklügeltere Formulierungen verwenden. Wenn etwa eine angebliche Misebelle Adams aus der Elfenbeinküste sich an möglicherweise hilfsbereite Menschen in Deutschland wendet, dann appelliert sie nicht mehr nur an die Gier der Empfänger, sondern vermittelt ihnen in gut formuliertem Deutsch auch noch den Eindruck, eine gute Tat vollbringen zu können. Sie sei ein Waisenkind, lebe im Flüchtlingslager und schreibe ihre Mails im Büro der Kirche im Lager, heißt es da.

Retter im Westen

Ihr Anliegen: Sie suche dringend nach einem Retter im Westen, der bereit sei, den millionenschweren Fonds ihres verstorbenen Vaters auf sein Bankkonto überweisen zu lassen und als Treuhänder für die Millionen zu fungieren, bis sie es geschafft habe, aus Afrika herauszukommen.

Klingt harmlos, ist aber eine für den Empfänger gefährliche Masche, wie schon eine Verhandlung über die Höhe des Anteils zeigt, den Misebelle Adams abgeben will. Aus anfangs 30 Prozent werden 50, gern schickt die 19-Jährige auch ein Foto von sich und wiederholt kommt die Zusicherung, „diese Transaktion ist hundert Prozent risikofrei, alles legal“. Begleitet von mehreren Mails eines angeblichen Mitarbeiters einer Bank, der zusehends dringender um die Übermittlung von Bankdaten bittet, um die fraglichen 6,3 Millionen Dollar überweisen zu können.

Dazu kommt es freilich nie, weil die sogenannten Scammer nach Erhalt der Daten ein unüberschaubar breites Spektrum an Schwierigkeiten ins Spiel bringen. „Wir müssen an diese Gangster Gebühren bezahlen“, teilt Frau Adams nun mit. Sie kann das leider nicht, weil ihr Geld ja festliegt. Wenn der deutsche Helfer also an seine rund drei Millionen heran wolle, müsse er die Vorabkosten für die Überweisung notgedrungen selbst zahlen.

Ein Trick, der nur dem sehr leicht durchschaubar scheint, der die Millionen nicht insgeheim bereits auf seinem Konto zählt. Für die Adressaten, die einmal auf den Geschmack gekommen sind, sieht das anders aus. Das Institut Ultrascan hatte bereits vor fünf Jahren geschätzt, dass Scamming-Banden rund 6,7 Milliarden Euro im Jahr erbeuten. Weniger ist es - der Gier sei dank - seitdem vermutlich nicht geworden. (mz)