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Illegale Filmportale Illegale Filmportale: Im Netz des Verbrechens

Von Steffen Könau 08.11.2014, 10:39
Illegale Filmportale erfreuen sich großer Beliebtheit.
Illegale Filmportale erfreuen sich großer Beliebtheit. Screenshot Lizenz

Halle (Saale) - Damals, im Sommer 2011, war noch Hoffnung. In einer konzertierten Aktion gingen Polizei und Staatsanwaltschaft in Deutschland, Spanien, Frankreich und den Niederlanden gegen Rechenzentren vor, die im Verdacht standen, von den Betreibern des Internet-Portals kino.to genutzt zu werden. Wohnungen und Büros wurden durchsucht, Rechner beschlagnahmt und 14 Personen festgenommen. Die bis dahin beliebteste Filmseite im Internet, anonym betrieben von einer Gruppe von Männern aus Leipzig, wurde abgeschaltet.

Es schien für einige Zeit so, als wirke der Schock nach. Zwar starteten Trittbrettfahrer schnell ähnlich Seiten - auf den ersten Blick reine Sammlungen von Links zu auf verschiedenen Filehostern hinterlegten Dateien mit Kinofilmen und Fernsehserien. Doch keine davon konnte an den Erfolg des Originals anknüpfen, das zeitweise unter die Top Ten der meistbesuchten Seiten in Deutschland vorgestoßen war. Allerdings: Noch ehe die Betreiber von kino.to vor Gericht standen, wo sie schließlich zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, hatte mit kinox.to ein offizieller Nachfolger den Thron bestiegen. Dasselbe Layout, dieselben Angebote. Nur die Methoden der Macher unterschieden sich.

Freizeitprojekt von Freunden

War kino.to noch als Freizeitprojekt von Freunden gestartet, die mitten in der Arbeit erkannten, dass sich mit ihrer Suchseite für Links zu illegal ins Netz gestellten Filmen und Serien viel Geld verdienen ließ, zielten die kinox.to-Macher Kastriot und Kreshnik Selimi von Anfang an darauf, möglichst viel Gewinn zu machen. Selbst zu Erpressung und Bedrohung sollen die beiden Brüder aus Pansdorf bei Lübeck gegriffen haben, um Konkurrenten auszuschalten.

Eine Veränderung, die überall in den Grauzonen des Netzes zu besichtigen ist. Frühe Tauschbörsen wie Pirate Bay fingen als Projekte von Idealisten an, die unter der Fahne von Freiheit und Transparenz segelten. Ihre zahlreichen Nachfolger dagegen sind erzkommerziell. Profitcenter der Piraterie wie kinox.to oder boerse.bz, ein Portal, gegen das die Behörden in dieser Woche Durchsuchungen anordneten, arbeiten mit versteckten Zahlungsströmen, mit verschachtelten Strukturen zwischen Suchseite und sogenannten Filehostern, sie benutzen Prämiensysteme, um Nutzer zu motivieren, aktuelle Kinofilme hochzuladen, und sie scheuen sich nicht, mit dem organisierten Verbrechen zu paktieren, um Geld zu waschen oder ihre Server zu schützen.

Legale Alternativen

In die Karten spielt den Organisatoren von Piraterieportalen wie movie4k, dir.alluc.to oder neu-stream.com, dass es den Inhalteanbietern auch in den drei Jahren seit dem Schlag gegen kino.to nicht gelungen ist, Geschäftsmodelle zu etablieren, die der illegalen Konkurrenz das Wasser abgraben. Trotz des Starts von legalen Alternativen wie Watchever, iTunes oder Videoload schaffte es kinox.to bis auf Platz 37 der Hitparade der beliebtesten Internetseiten der Deutschen.

Für Hunderttausende war die Seite erste Anlaufstelle, um aktuelle Blockbuster oder beliebte Serien zu sehen, die offiziell nur im Pay-TV gesendet werden. Als die Staatsanwaltschaft Ende Oktober zuschlug, verhöhnten die Herren des größten Räuber-Imperiums die Polizei: Man danke für die „unbezahlbare Werbung“ grüßen die Initiatoren von der Startseite, die noch immer das gesamte Angebot an geklauten Kinohits bietet.

Genuss ruckelfreier HD-Filme

Dabei sind die illegalen Kinoanbieter - neben kinox.to rund hundert weitere Portale - nicht einmal kostenlos, wie eine genauere Betrachtung zeigt. Einerseits belästigen sie ihre Nutzer permanent mit Werbung, zuweilen aber schieben sie ihnen sogar Viren und Trojaner unter. Andererseits kommt in den vollen Genuss ruckelfreier HD-Filme nur, wer einen Premium-Account bucht. Selbst dann aber muss der Kinofan damit rechnen, dass mitten im Filmgenuss ein Husten aus dem Kinosaal erklingt oder gar jemand aufsteht und an der Leinwand vorüberläuft.

Der Kölner IT-Anwalt Christian Solmecke glaubt nicht an eine Strafverfolgung von Nutzern von kinox.to. Der Konsum von Streamingdiensten sei nicht rechtswidrig, so lange keine Kopie des Streams gespeichert werde. Letztlich sei auch unklar, welche Daten auf den Servern von kinox.to bzw. den angeschlossenen Streamingplattformen überhaupt gespeichert worden sind.

Zwar sei ein Nutzer über seine IP-Adresse jederzeit identifizierbar, jedoch würden viele Server die IP-Adressen überhaupt nicht speichern. Auch die Zugangsprovider tun das nicht dauerhaft, so dass eine Zuordnung der IP-Adresse nicht mehr möglich sei.

Betroffen sein könnten also nur Nutzer, die kinox.to kurz vor der Polizeiaktion genutzt haben. Die seien nicht ganz sicher, denn die Filmindustrie vertritt die Auffassung, dass schon das Zwischenspeichern eines Films im Computer als illegale Kopie anzusehen ist. (mz)

Der Erfolg erstaunt umso mehr, als Netflix, Amazon oder Maxdome kaum teurer sind. Allerdings besitzt jeder dieser Anbieter nur die Rechte an einem Ausschnitt aus dem Filmfundus der Welt. Maxdome etwa verfügt über 15 000 Filme, Amazon über 7 500, Watchever über 3 500. Wer sich für ein Abo entscheidet, läuft damit Gefahr, die nächste Staffel seiner Lieblingsserie doch wieder nicht sehen zu können, weil das Filmstudio neue Verträge abgeschlossen hat. Zum Vergleich: Allein die illegale Plattform Leecher.to, die in dieser Woche aus Angst vor Strafverfolgung aufgab, hatte 87 938 Kinofilme und 7 384 TV-Serien im Angebot.