Hunde und Katzen: Auch munter mit Behinderungen
Bottrop/Bad Wildungen/dpa. - An die Kommentare über ihre fünf Hunde hat sich Katja Ehlert auch nach Jahren nicht gewöhnt: «Während manche die 'armen Hunde' extrem bemitleiden, sagen andere, dass man die einschläfern müsste, weil das doch kein Leben sei.»
Dies sagt die Sprecherin des Online-Netzwerks «Behinderte Hunde» aus Bottrop. Ihre Hunde haben Knochenkrankheiten oder nur drei Beine. Ehlert hat sich entschieden, solchen Tieren eine Chance zu geben.
Handicaps bei Haustieren können alters- oder rassebedingt sein, von Geburt an existieren oder durch einen Unfall entstehen, sagt Katrin Umlauf vom Deutschen Tierschutzbund in Bonn. «Sie können entweder den Bewegungsapparat zum Beispiel durch Amputationen und Rückenverletzungen betreffen oder Sinnesleistungen beeinträchtigen, so dass die Tiere blind oder taub werden.»
Eine Behinderung kann jedes Haustier treffen. Es sei aber nicht so, dass nur ein gesundes ein glückliches Tier ist, sagt Andreas Zohmann, Tierarzt aus dem hessischen Bad Wildungen. «Hunde und Katzen arrangieren sich sogar meist sehr schnell mit ihren Handicaps.»
Mit Blindheit etwa kommen sie laut Umlauf normalerweise gut klar - auch wenn sie mal irgendwo dagegen stoßen. «Die Tiere können diesen fehlenden Sinn durch andere starke Sinnesleistungen mit dem Gehör, dem Geruch und dem Tastsinn kompensieren.»
Auch auf Taubheit stellen sich die Tiere ein. «Dann muss man den Hund auf Handzeichen abrichten», sagt Zohmann, der in Rehazentren für die Vierbeiner in Bad Wildungen und im bayerischen Piding arbeitet. Auf sich aufmerksam machen kann der Halter auch, indem er in eine Tröte aus dem Jagdgeschäft bläst: Manche Hunde nehmen trotz Taubheit bestimmte Geräusche war. Unter Umständen hilft laut Umlauf auch ein gesunder Artgenosse, an dem sich der taube Vierbeiner orientieren kann.
«Generell sollten Tiere mit eingeschränkter Sinnesleistung einen ruhigen Platz haben, wo nicht ständig die Tür aufgeht.» Außerdem sollte der Halter sich ihnen sanft nähern und sie nicht erschrecken.
Muss einem Hund etwa ein Bein abgenommen werden, wirft ihn das in der Regel nicht aus der Bahn. «Der Hund steht auf und lebt - soweit möglich - weiter wie bisher», sagt Katja Ehlert. «Dreibeiner» sollten aber nicht jeden Tag fünfmal vom dritten Stock auf die Straße und zurück laufen müssen. Das gilt etwas auch für Hunde die unter «Hüftdysplasie» leiden. «Dann sollte man sie entweder tragen oder mit Hilfsgeschirren unterstützen.»
Von «Bewegungshandicaps» sind Katzen seltener betroffen als Hunde. Doch etwa nach einem Fenstersturz kann es trotzdem zu Lähmungen kommen. Außerdem sind auch bei mancher Katzenart Fehlstellungen der Gelenke wie der Hüfte oder den Ellenbogen möglich. «Im Fall dieser Dysplasien kann man operieren und ein künstliches Hüftgelenk einsetzen», sagt Andreas Zohmann.
Bei einer plötzlich auftretende Behinderung ist eines laut Ehlert vor allem bei Hunden fehl am Platz: Mitleid. «Das veränderte Verhalten macht es dem Hund nur schwerer.» Und egal, ob Hund oder Katze: Besonders wichtig ist es laut Zohmann, dass sich der Halter nichts vormacht: Er sollte einschätzen können, wann für das Tier das Leben doch nicht mehr lebenswert ist - und sich dann um die traurigen, aber nötigen Konsequenzen kümmern.
Netzwerk über Hunde mit Handicap: www.behinderte-hunde.de
Rassebedingt sind besonders Schäferhunde von der «Cauda-Equina-Kompression» betroffen. Dabei werden durch die Knochen Nervenstränge am Rückenmarkskanal eingedrückt. «Das hat zur Folge, dass der Hund die Koordinationsfähigkeit verliert, harn- und stuhlinkontinent wird und nicht mehr laufen kann», erklärt Tierarzt Andreas Zohmann. «Bei Dackeln gibt es immer wieder Bandscheibenvorfälle. Und die sogenannte Dackellähmung kann sich in Form einer Teil- oder einer Volllähmung äußern.