Hochprozentiges im strengen DLG-Test
Oppenheim/dpa. - Schmeckt der Kräuterlikör aufdringlich, brenzlig oder gar schimmelig und beißend? Riecht ein Weizenkorn maischig, brotig oder sogar stechend? Die Qualitätskriterien für Spirituosen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) sind streng.
Die Prüfer brauchen feine Nasen und gute Geschmacksknospen. «Um die Qualität zu wahren ist nichts besser als Wettbewerb», sagt DLG-Experte Heinrich Cloppenburg. Er ist einer der 20 Männer und Frauen, die in dieser Woche in Oppenheim bei Mainz an den Prüftischen saßen und ihre Nasen beim jährlichen DLG-Test in die Probengläschen mit 221 verschiedenen Hochprozentern von 60 Herstellern aus 5 Ländern steckten.
Als Vorlage dient den Testern ein umfangreiches Prüfschema. Außer auf die Farbe werfen sie auch einen Blick auf die Konsistenz des alkoholischen Getränks: Trüb, flockig oder zu dünnflüssig? Danach geht es um den Geruch - ein wichtiges Qualitätskriterium besonders für Spirituosen. Rund 30 mögliche Mängel sind auf dem Schema aufgelistet, von deftig über fuselig bis süßlich.
Ein Gemisch aller möglichen Spirituosen-Gerüche hängt schwer im Prüfungsraum, auch wenn die Probengläschen mit einem Glasdeckel verschlossen sind. Aber alle paar Sekunden klirrt es leise, ein Prüfer öffnet ein Glas und nimmt einen Schluck. Nur ein paar Momente behält er die Flüssigkeit im Mund - dann landet der edle Tropfen in einem roten Plastikeimer. Viele Mängel sind möglich: Punktabzug gibt es etwa, wenn der Korn, Likör, Wodka, Rum oder Obstbrand grasig, kratzig und teerartig schmeckt oder gar einen Milchsäurestich hat.
«Klassische Qualitätsprodukte sind wieder im Kommen», erklärt Prüfungsleiter Thomas Senn. Die Konkurrenz durch «bunte, billige» Hochprozenter lasse nach. Senn freut sich über diese Entwicklung: «Schlechte Proben bleiben auf der Zunge hängen, den Geschmack bekommt man kaum noch weg.» Inzwischen steht auch wieder der Klassiker Absinth auf dem Prüftisch, der lange Zeit verboten war und gut an der grünen Färbung zu erkennen ist. Neben durchsichtigen Bränden und Körner sorgen auch ein blauer Kräuterlikör und der gelbe Eierlikör für Farbkleckse.
Für Prüfer Cloppenburg, der bei einem Spirituosen-Hersteller angestellt ist, dient der Einsatz für die DLG auch der beruflichen Fortbildung. «Hier finde ich auch Anregungen für das eigene Produkt», sagt er. Es sei wichtig, dass Fachleute und keine durchschnittlichen Verbraucher als Tester am Tisch sitzen. «Wir machen ja keinen Beliebtheitstest, sondern es geht um Qualität», betont er. Betrunken werde er vom Testen nicht - auch nicht bei besonders wohl schmeckenden Proben. «Das habe ich im Griff.»