Handaufzucht von Tierwaisen Handaufzucht von Tierwaisen: Ohne Geduld funktioniert es nicht
Moers/Hamburg/dpa. - «Zeit ist die Grundvoraussetzung. Wer berufstätig ist, schafft das nicht», sagt Christiane Gothe vom Bundesverband Tierschutz in Moers.Denn die Kleinen müssen zu Anfang alle zwei Stunden gefüttert werden- auch nachts und während der Bürozeiten. Doch wer geduldig ist unddiesen enormen Zeitaufwand nicht scheut, ist Gothe zufolge generellgeeignet, sich um verwaisten Tiernachwuchs zu kümmern.
Dabei muss einiges beachtet werden, damit die Jungtiere sich gutentwickeln. Vor allem brauchen sie viel Wärme: «Dem Tier muss einwarmes Nest gebaut und Körperwärme gegeben werden», sagt Gothe. EineWärmflasche im Körbchen sei in vielen Fällen ebenfalls hilfreich, umden verlassenen Tieren Nestwärme zu suggerieren. Heizkissen dürfenallerdings nicht verwendet werden, warnt Christiane Gothe: Sie könnenim Nest leicht einen Schmorbrand verursachen.
Zum Füttern nimmt man das Tierbaby nach Gothes Worten auf denSchoß. Mit einer Spritze, einem speziellen Sauger oder auch einer«Liebesperlenflasche» werde die Milch in das Maul gedrückt. «Ambesten versucht die Ersatzmutter, die Spritze seitlich in dieMaulspalte zu führen. Wenn das Junge erst einmal ein paar Tropfengesaugt hat, trinkt es im Normalfall auch weiter.»
Besser als selbst gemischte Milch sei Muttermilchersatz, sagtHardi Rosenbaum vom Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) inLangen (Hessen). Diese Milchpulver werden mit Wasser angerührt. Nachdrei bis vier Wochen könne langsam feste Nahrung dazu gegeben werden.Um die Tiere an den Geschmack zu gewöhnen ist es sinnvoll, ein wenigMilchpulver in Dosenfutter für Jungtiere zu rühren: «Das Tier kenntden Geschmack und nimmt das Futter daher schneller auf.»
Eine 200-Gramm-Dose Trockenmilchpulver kostet etwa sieben Euro.Wichtig sei es, für jede Tierart das richtige Pulver zu verwenden.«Katzen brauchen zum Beispiel viel fettere Milch als Hunde», sagtRosenbaum, der selbst Jahre lang Katzen und Hunde gezüchtet hat.Tierärzte können bei der Auswahl und auch bei der Erstellung einesErnährungsplans helfen. Beim Anrühren der Milch muss laut ChristianeGothe darauf geachtet werden, dass sie nicht klumpt. Außerdem darfsie nicht zu warm sein.
Sobald das Tierbaby satt ist, muss sein Bauch zur Verdauungmassiert werden. «Normalerweise leckt die Mutter ihren Jungen ja denBauch nach der Fütterung», erläutert Brigitte Stöber-Harries,Hundeexpertin und Buchautorin aus Hamburg. Mit Hilfe eines feuchtenTuches kann der Halter dieses natürliche Verhalten nachahmen.
Erfolg versprechender als die Handaufzucht sei es aber häufig, dieKatzenbabys oder Welpen bei einem anderen Muttertier unterzubringen,das sie mit Milch versorgt, sagt Stöber-Harries. Der große Vorteildieser so genannten Ammen sei, dass sie den Jungen tierspezifischeVerhaltensweisen beibringen können. «Der Hund wird einfachinstinktsicherer, wenn er bei einem Hund aufwächst.»
Problematisch wird es laut Brigitte Stöber-Harries, wenn auch dieErsatzmutter das Junge nicht annimmt - oder umgekehrt. Um demvorzubeugen sei es hilfreich, die Tiere vorher an den Geruch desanderen zu gewöhnen. Dazu kann ein Tuch, das nach den Welpen riecht,in das Körbchen der Amme gelegt werden. «Im Normalfall stellen sichgerade Hunde aber sehr schnell auf neue Jungen ein.» Wer niemandenkennt, dessen Tier gerade Nachwuchs erwartet und somit als Ammedienen könnte, kann laut Stöber-Harries seinen Tierarzt oder dasörtliche Tierheim fragen. «Die können in der Regel weiterhelfen.»