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Hai und Ölfisch Hai und Ölfisch: Unter falschem Namen auf dem Tisch

Von Arnd Petry 21.03.2006, 13:21

Hamburg/Bonn/dpa. - Doch die Handelsbezeichnungen vieler Fischarten und Fischprodukte sind vor allem ein Marketinginstrument - mit dem tatsächlichen biologischen Namen haben sie nichts zu tun. «Es kommen ständig neue Fischnamen auf den Markt», sagt Walther Werner Kühnhold von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg. Weil die bekannten Fischbestände überfischt sind, landen zunehmend exotische Arten in den Kühltheken. Doch bevor die gekühlten Globetrotter verzehrt werden können, brauchen sie einen Handelsnamen. Das fordert eine EU-Verordnung.

Zuständig für die Zulassung der Namen ist die Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) in Bonn. Fisch-Experten wie Kühnhold richten dann über die Vorschläge von Händlern und Fischindustrie. «Es kann sich nicht jeder einfach irgendwelche einschmeichelnden Fantasienamen ausdenken», sagt Kühnhold.

Ein Beispiel für den Namenswechsel auf dem Weg vom Meer in die Kühltheke ist die Hundszunge (Glyptocephalus cynoglossus), die mit biologischem Zweitnamen Zungenbutt heißt. «Die hat die Handelsbezeichnung "Rotzunge"», erklärt Kühnhold. Denn wer will schon die Zunge eines Hundes auf dem Teller haben? So kann es vorkommen, dass sich der Plattfisch in der Auslage des Fischgeschäftes das Eis mit der echten Rotzunge (Microstomus kitt) teilt.

Wo «Hunde» nichts zu suchen haben, müssen auch «Schlangen» draußen bleiben: «Schlangenmakrelen werden als "Buttermakrele" verkauft», verrät Fischereibiologe Kühnhold. Im Englischen heißen die Fische Oilfish, weil sie so fettig sind. In Deutschland wird Öl zu Butter - und fertig ist die lecker klingende «Buttermakrele».

«Die Handelsnamen sind nicht nur Marketing-Gags», sagt Peter Werner Borris, vereidigter Sachverständiger für Fische, Krebs- und Weichtiere aus Dortmund. «Sie ergeben sich auch aus der Form der Fische. Wenn ein Dornhai geköpft ist und die typischen Haiflossen entfernt wurden, bleibt ein schlanker Körper, der aalähnlich wirkt.» Als «Seeaal» kommen Rückenstücke des Dornhais dann in den Handel.

Vom Dornhai sind auch die «Schillerlocken». Dahinter verbergen sich geräucherte, in Streifen geschnittene Stücke aus den Bauchlappen. «Vor dem Räuchern werden sie gedreht, so dass sie ihre Spiralform erhalten», erklärt der Fischereibiologe Matthias Keller vom Fisch-Informationszentrum (FIZ) in Hamburg.

Auch beim beliebtesten Speisefisch der Deutschen, dem Alaska-Seelachs, wird Verbrauchern nicht der wahre Name aufgetischt. Der mit dem Kabeljau – in der Ostsee: Dorsch - verwandte «Alaska-Seelachs» (Theragra chalcogramma) heißt korrekt Alaska-Pollack.

Als der Seelachs aus der Nordsee knapp wurde, führten Händler den Fisch aus dem Nordpazifik vor 15 Jahren unter dem Namen «Alaska- Seelachs» nach Deutschland ein. «Die Kunden sollten denken: Ist ja fast dasselbe: "Alaska-Seelachs" oder "Seelachs"», meint Kühnhold.

Dabei ist schon der Name «Seelachs» für den Nordseefisch Pollachius virens eine Erfindung: «Der Seelachs heißt eigentlich wie unser Bundespräsident: Köhler», klärt Matthias Keller auf. «Der Fisch ist schwarz auf der Rückenseite. Wenn man den anfasst, bekommt man schwarze Hände.»