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Haarpracht Haarpracht: Aussehen wie Frauenschwarm Richard Gere

Von Oliver Chaudhuri 22.07.2005, 17:24

Halle/MZ. - Grau als Haarfarbe - das war lange Zeit verpönt. Die Farbpsychologie meint ganz genau zu wissen, warum: Grau, heißt es da, ist die Farbe ohne Charakter. Es ist unfreundlich, trübe und langweilig, eckig und abweisend. Graue Zeiten, das bedeutet grauer Alltag. Grau steht für Pünktlichkeit, Funktionalität und Sachlichkeit. Diese Tugenden sind zwar wünschens-, aber nicht unbedingt liebenswert.

Grau ist Neutralität und Bürokratie. Die kleinen grauen Zellen sind das Gehirn, die Nachdenklichkeit. Die sprachliche Nähe zeigt deutlich, wie grauenvoll und grausam Grau sein kann. Und eine Grauzone ist der Bereich zwischen rechts und verboten, eine graue Eminenz eine Person mit heimlicher Macht in einer Aura des Unheimlichen. Wundert es da noch, dass Grau von lediglich zwei Prozent der Deutschen die Lieblingsfarbe ist?

"Moment mal", sagt die Designerin Mechthild Landsknecht aus Münster lachend. "Grau ist alle Theorie. Tatsächlich müssen Grautöne nicht zwangsläufig monoton, traurig oder stumpf wirken. Je nach Rot- oder Blauanteil wird Grau als warm oder kalt empfunden." Ein kaltes Grau kann auch für Silber gehalten werden, um anschließend flugs Assoziationen wie technisch, edel oder kostbar auszulösen.

Dennoch gilt bis heute weltweit: Grau gleich alt. Egal, welche Haut- oder Haarfarbe man hat - man wird immer grau im Alter. Graues Haar wird oft für ein untrügliches Zeichen dafür gehalten, dass sein Träger älter wird. Das Ergrauen hängt weder vom Geschlecht ab noch von der Ausgangshaarfarbe, obwohl es bei dunklem Haar mehr auffällt.

In - pardon - grauen Zeiten hieß es im Volksmund, dass ein Baby nicht während der Baumblüte von der Brust entwöhnt werden solle, sonst bekomme es graue Haare. Vor eben solchen schütze zudem eine Mischung aus zwei Drittel Essig. Damit solle das Haar gewaschen werden. Heute weiß man, dass das Melanin verantwortlich ist für die Farbe des Haares. Im Haarende steckt die Haarzwiebel, die quasi die Fabrik des natürlichen Kopfschmucks ist. Wenn sich dort ein Haar durch schnelle Zellteilung bildet, absorbiert es Melanin, das von Pigmentzellen produziert wird. Lässt im Alter oder durch Stress die Produktion nach, wird das fehlende Melanin durch die Einlagerung von Luftbläschen ersetzt. Grauwerden ist also nichts weiter als Farbverlust. Es gibt aber noch weitere Faktoren, die das Haar ergrauen lassen, beispielsweise zu häufige oder zu radikale Diäten.

Die ersten grauen oder weißen Haare sind oft ein regelrechter Schock und erinnern den Träger, dass er nicht ewig jung bleibt. Doch was tun? Sanft überdecken oder gar komplett Färben, wie es die Kosmetikindustrie in millionenschweren Kampagnen seit Jahren rät? Oder aber gar nichts tun und "in Ehren ergrauen" - sich dem Alter stellen und den neuen Hang zur Natürlichkeit demonstrieren?

Genau diesen Wunsch macht Renate Sperber bei immer mehr ihrer Kunden aus. Die Image- und Stilberaterin, zu deren Klienten Mitarbeiter der Deutschen Bank gehören, beobachtet, dass sich Männer als auch Frauen bewusst und stolz zur grauen Kopfpracht bekennen und sie nicht als Makel empfinden. "Das liegt zum einen daran, dass sie mehr prominente Vorbilder haben", ist sich die Beraterin sicher.

Und siehe da: Mittlerweile hat der Trend auch die Kosmetikbranche erreicht, die es geschickt versteht, den Ball wieder aufzunehmen: So ließ der Creme- und Seifenproduzent Dove etwa die Künstlerin Merlin Glozier (45) mit ihrer imposanten Silbermähne posieren und stellte auf Großflächenplakaten die rhetorische Frage "grey or gorgeous?" - "grau oder großartig?"

Grau - das repräsentiere die Karrierefaktoren Reife, Seriosität und Kompetenz, erläutert Renate Sperber. Gerade in Lehr- und Beratungsberufen oder bei Banken strahle das vermeintlich trübe Grau etwas Natürliches und Vertrauensvolles aus. "Gefärbte Haare wirken hingegen zu gelackt und lassen darauf schließen, dass sein Träger wenig selbstbewusst ist." Jungen Männern verleihe die Farbe einen Ansatz von Extravaganz.

Modisch lasse sich die Haarfarbe durch kühle Farbtöne wie zartes Blau oder Rosé ergänzen. Auch bei Frauen müsse graues Haar nicht störend wirken. Flottes Kurzhaar mit blonden Strähnchen, dazu kräftige, nicht grelle Farben bei Make-up und Kleidung - das ergibt ein ausdrucksstarkes Gesamtbild.