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Yin und Yang in der Balance Yin und Yang in der Balance: Chinesische Medizin setzt auf Ausgleich

Von Miriam Tang 19.11.2003, 15:28
Kräuter gegen viele Krankheiten - die traditionelle chinesische Medizin (TCM) setzt vor allem auf Natutprodukte. (Foto: dpa)
Kräuter gegen viele Krankheiten - die traditionelle chinesische Medizin (TCM) setzt vor allem auf Natutprodukte. (Foto: dpa) Elke Wentker

Hamburg/Düsseldorf/dpa. - Neben Sojasoße in der Küche oder billig hergestellter Kleidung im Schrank erobert ein anderer Exportschlager aus China langsam Deutschland - und zwar die Arztpraxen: Zunehmend fühlen sich Menschen von der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) angesprochen. Wunder verspricht die Medizin aus dem Reich der Mitte zwar nicht. Sie verfügt aber über einen anderen Blick auf den Menschen, von dem sich mancher Patient Hilfe verspricht. Hinter der chinesischen Medizin steckt dabei weit mehr als nur die hier zu Lande am besten bekannte Akupunktur.

In China wird die traditionelle chinesische Medizin als eigenständiges Studium neben der westlich orientierten Medizin an Universitäten gelehrt. Sie ist ein zwei Jahrtausend altes System, das auf Beobachtungen und Erfahrungen fußt und in Tausenden von Büchern festgehalten wurde. Die traditionelle chinesische Medizin begreife den Menschen als eine Einheit von Körper und Geist, sagte die Ärztin Christine Bodenschatz-Li. «Eine Trennung ist überflüssig. In der chinesische Medizin kennt man Yin und Yang. Das ist keine Aufspaltung, sondern ergänzt sich: das Eine bringt das Andere hervor», sagte die Leiterin des Centrums für chinesische Medizin und Lebensart in Hamburg.

Für die Diagnose lässt sich die Ärztin die Beschwerden beschreiben, berücksichtigt Aspekte wie Körperhaltung und -geruch, fühlt den Puls und schaut sich die Zunge an. Die fernöstliche Denkweise geht davon aus, dass bei einer Krankheit der Körper aus dem Gleichgewicht geraten ist. Die Balance muss mit verschiedenen Mitteln wieder ausgeglichen werden, um die Lebensenergie wieder zum Fließen bringen. Dazu gehören neben der in Deutschland populären Akupunktur vor allem die Kräutermedizin mit pflanzlichen, tierischen und mineralischen Substanzen.

«Die Behandlung ist ganz individuell zusammengestellt aus Kräutermedizin, Ernährung, Akupunktur und Hinweise zur Lebensweise», sagt Bodenschatz-Li. Für die Kräuter gebe es ein paar hundert Grundformeln mit tausenden von klassischen Varianten. «Diese müssen individuell angepasst werden - an Jahreszeit, Alter, Geschlecht und Stadium des Heilungsprozess des Patienten. Sie sind schon seit 1000 bis 2000 Jahren bewährt und deswegen sehr erprobt in ihrer Wirksamkeit», sagt Bodenschatz-Li.

Nicht alle Praktizierende der chinesischen Medizin haben wie Bodenschatz-Li jeweils ein komplettes Medizinstudium in Deutschland und China absolviert. Nach Schätzungen des Akupunktur- Ausbildungsleiters Gabriel Stux aus Düsseldorf praktizieren hier zu Lande rund 40 000 Ärzte und 5000 Heilpraktiker chinesische Medizin, die eine Zusatzausbildung absolviert haben. «In den letzten Jahren hat sich in Deutschland eine standardisierte Ausbildung herausgebildet», sagt Stux.

Die Krankenkassen dagegen sind zurückhaltend. Die Leistungen eines Therapeuten der traditionellen chinesischen Medizin werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen, so Barbara Marnach, Pressesprecherin des AOK-Bundesverbands in Bonn. Auch andere Behandlungen wie Kräutertherapie sowie Ernährungsberatung müssen die Versicherten aus eigener Tasche bezahlen. Bei den privaten Krankenkassen gibt es individuelle Regelungen.

Doch auch bei den gesetzlichen Krankenkassen ist Bewegung festzustellen. Mit ihrer finanziellen Hilfe läuft seit 2001 die weltweit größte Akupunkturstudie «gerac». Erstmals untersuchen hierbei Schulmediziner, Krankenkassen und Akupunkturärzte gemeinsam die Wirksamkeit von Akupunktur. 500 000 Menschen mit chronischen Rücken- oder Kopfschmerzen lassen sich von Ärzten mit einer Akupunktur-Zusatzausbildung nadeln.

Mitte 2004 sollen die Ergebnisse der 7,5 Millionen Euro teuren Studie vorliegen. Eine erste Zwischenbilanz stimmt die Akupunktur-Befürworter zuversichtlich: In einer ersten Stufe fühlten sich 90 Prozent der Studienteilnehmer besser. Unerwünschte Nebenwirkungen seien kaum aufgetreten, hieß es.