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Wenn die Frauen älter werden...

Von IRIS STEIN 09.04.2010, 20:09

Halle/MZ. - Hat Deutschland wirklich den Atem angehalten? Weil eine Serie über Frauen in den Wechseljahren zur besten Sendezeit im ZDF ausgestrahlt wird? Na ja. Sicher, im Fernsehen ist es neu Probleme zu thematisieren, die den weiblichen Körper in schamloser Weise terrorisieren. Neu ist auch, dass Frauen dabei witzig bis irrwitzig sein dürfen und sich trotzdem nicht lächerlich machen. Bisher eröffneten sie "irgendwelche Farmen in Afrika" und taten so, "als seien sie Anfang 40 obwohl sie schon Mitte 50 sind" - sagt Doris Dörrie, die Regisseurin der Serie. Im Fernsehen mag das so gewesen sein. Dass ältere Frauen im Film nicht vorkommen, stimmt allerdings nicht ganz.

Das Kino wendet sich zwar selten, aber dennoch auch Frauen in den besten Jahren zu (bei der Bezeichnung verleiern diese übrigens die Augen), vermutlich aus dem schnöden Grund, weil sie im Zuschauersaal meist sowieso und künftig auch in der Gesellschaft die Mehrheit sein werden. Gerade hat Meryl Streep (60) in "Wenn Liebe so einfach wäre" einen Beitrag dazu geleistet. Die Regisseurin dieses Streifens, Nancy Meyers, hat damit nur nachgelegt. Schon ein paar Jahre früher erschreckte sich Jack Nicholson vor Diane Keaton ("Ich habe noch nie eine Frau in diesem Alter nackt gesehen") in "Was das Herz begehrt", ebenfalls von Meyers in Szene gesetzt. Dass sowohl Frauen als auch Männer von Wehwehchen geplagt werden, wenn's ans Älterwerden geht, war zudem gerade in "Giulias Verschwinden", der Verfilmung von Martin Suters Roman, äußerst amüsant zu besichtigen.

Die Sensation ist also nicht unbedingt eine, sondern wurde zunächst erst einmal dazu gemacht. Dennoch stimmt eines: So ausschließlich ging es in keinem genannten Beispiel um die Wechseljahre. Geht es auch sonst nicht, denn über das Klimakterium wird kaum geredet. Der Grund? Wer spricht schon gern übers Älterwerden? Vor allem, wenn damit die Zeit ab Mitte 40 gemeint ist! "Da glaubten Frauen kurz zuvor noch alle Zeit der Welt fürs Kinderkriegen zu haben", sagt die Gynäkologin Petra Kaltwaßer (54), "und dann tauchen die ersten Anzeichen auf, dass das gar nicht so ist." Die Probleme sogar öffentlich zuzulassen, ist schon gar nicht einfach. "Chefs wollen oft nicht einmal hören, dass eine Frau schwanger ist", so die Oberärztin im Universitäts-Klinikum Halle-Kröllwitz weiter, "und dann kommen die auch noch und haben jetzt Wechseljahresbeschwerden . . ."

Also gestehen sich Frauen, wenn überhaupt, meist nur untereinander wie es ihnen wirklich geht. Obwohl in mehr als genug Ratgeber-Büchern alles Mögliche verhandelt wird, bleibt vieles offen. "Also, von Vaginalstraffung hatte ich noch nie gehört", gesteht denn auch Schauspielerin Andrea Sawatzki (47), die eine der Hauptrollen spielt. Die Darstellung dieses Details dürfte allerdings zu den Übertreibungen gehören, von denen die Serie nur so strotzt und die sehr gewollt sind, um ordentlich anzuecken. "Was wäre denn Satire, wenn sich niemand aufregt?", fragt Maren Kroymann (60), die die Rolle der Frauenärztin übernommen hat.

Handlungsort von "Klimawechsel" ist sinnigerweise eine Schule, in der pubertierende Schüler und Lehrerinnen in den Wechseljahren direkt aufeinander treffen. Das macht Sinn, weil sich bei beiden Gruppen der Körper total umstellt. "Ich vergleiche das immer mit einer Kaffemaschine," lacht Petra Kaltwaßer, "wenn es losgeht, tuckert und zischt es, dann läuft sie ruhig und gleichmäßig und bevor alles fertig ist, brodelt und ruckt es noch mal." Was in den Wechseljahren mit mehr oder weniger heftigen Beschwerden abläuft, ist übrigens nichts anderes als der "Tapetenwechsel", den Frauen ohnehin jeden Monat im Kleinen erleben.

Anders als die Pubertät, die in den letzten 100 Jahren immer früher eintritt, rückt die Menopause - das Aussetzen der Regelblutung - nicht nach hinten. "Das hängt vermutlich mit der von vornherein begrenzten Zahl des Eibläschenvorrats im Eierstock zusammen", erklärt Petra Kaltwaßer. "Eine Frau erlebt im Laufe ihrer fruchtbaren Zeit circa 350 Eisprünge bis dieser Vorrat aufgebraucht ist." Künftig wird die fruchtbare Phase der kürzeste Abschnitt im Leben einer Frau sein - weil die Lebenserwartung weiter zunimmt und das Alter sich verlängert. Frauen und Männer kommen übrigens verschieden in die Jahre. "Männer bilden Spermien immer wieder frisch", sagt die Medizinerin, "die Eizellen altern. Der Alterungsprozess der Männer läuft kontinuierlicher ab." Männer "im Klimakterium" spüren ebenfalls Veränderungen und wollen sich gern sexuell noch einmal beweisen, was nicht selten zu Partnerschaftskonflikten führt.

Dabei könnten kluge Männer die Klippen ihrer Frauen umschiffen. "Wenn ich eine Frau wirklich liebe", sagt Petra Kaltwaßer, "behält sie ihre Attraktivität - Gefühle altern nicht." Gelingt es Männern, körperliche Unzulänglichkeiten ihrer Partnerin galant zu überspielen, entschärft das manchen Konflikt. "Eigentlich könnten Frauen jetzt entspannt Sex haben", sagt die Frauenärztin, "es muss nicht mehr verhütet werden, die Kinder sind aus dem Haus. Doch ausgerechnet jetzt fühlen sie sich ausgelaugt, im Job zu sehr gefordert."

Etwa ein Drittel der Frauen erlebt die Wechseljahre mit geringfügigen Beeinträchtigungen, ein weiteres Drittel bewertet die üblichen Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Brustschmerzen, Depressionen und dergleichen als aushaltbar, ein Drittel schließlich wird so "heimgesucht", dass eine Behandlung notwendig wird. Die ist mit pflanzlichen Präparaten oder Hormonen machbar und auch sinnvoll, letzteres muss allerdings ärztlich überwacht werden. Vieles hängt davon ab, wie Frauen sich im Kopf mit den Veränderungen auseinander setzen. "Sie sollten sich darauf besinnen, dass sie in diesem Alter auch eine Menge zu bieten haben", sagt Petra Kaltwaßer. "Lebenserfahrung zum Beispiel, sie müssen nicht mehr in Konkurrenz treten, sind abgeklärt und gelassen, haben etwas erreicht und vollbracht."

Das sollten sie genießen, die Geheimwaffe Olivenöl aus der Serie vielleicht in der Küche als rettende Alternative sehen. Das wirkliche Leben ist nämlich schon weiter: "Da werden seit einiger Zeit nette Cremedöschen angeboten, die besser ins Täschchen passen und bei Bedarf überall zur Hand sind", sagt Petra Kaltwaßer augenzwinkernd.