Versorgung Versorgung: Wenn Kinder krank sind

Bremen/München/dpa. - Die Behandlung mit Medikamenten in Eigenregie ist dabeieine der schwierigeren Herausforderungen - und die Risiken solltennicht unterschätzt werden.
Meist können Eltern die Art und Schwere der Erkrankung nichtselbst einschätzen, warnt die Bundesvereinigung DeutscherApothekerverbände (ABDA) in Berlin. Zum einen fehlt ihnen in derRegel die medizinische Fachkenntnis, zum anderen können Kinder oftnicht ausdrücken, woran sie leiden. Eltern sollten sich deshalb voreiner Behandlung ihrer Kinder mit Medikamenten immer von einem Arztoder Apotheker beraten lassen.
«Kinder sind keine kleinen Erwachsenen», sagt die ApothekerinChristina Jäger aus Bremen. Auf keinen Fall sollten Mütter und Väterdeshalb Arzneimittel für Erwachsene in einer verringerten Dosierungverabreichen, warnt Jäger. Kinder vertragen nicht alle Wirkstoffe undnehmen diese anders auf als Erwachsene, da ihre Organe undStoffwechselvorgänge noch nicht vollständig ausgereift sind.
Werden zum Beispiel bei der an sich banalen Behandlung einesSchnupfens Nasentropfen überdosiert, können sie bei Kleinkindern zuVergiftungen mit Atemstörungen führen. Im schlimmsten Fall können dieKinder dabei ins Koma fallen. Säuglinge und Kleinkinder bis zu zweiJahren sollten deshalb nie mit Nasensprays behandelt werden, weildiese ein höheres Risiko der Überdosierung mit sich bringen.
Vorsicht ist indes nicht nur bei der Anwendung von herkömmlichenArzneimitteln geboten. Auch pflanzliche Mittel bergen Gefahren.Ätherische Öle wie Menthol oder Kampfer etwa, die bei Erwachsenen alsSchnupfenmittel sinnvoll sind, können bei Kleinkindern zumAtemstillstand führen. Stattdessen empfiehlt Christina Jäger,Schnupfen bei Kindern zwei bis drei Mal am Tag mit isotonischerKochsalzlösung zu behandeln. Diese sei risikolos und könne nicht wieNasensprays süchtig machen.
Grundsätzlich könnten naturheilkundliche Mittel als sanfte, aufden kindlichen Organismus abgestimmte Reiztherapie sinnvoll sein,erklärt Margit Schlenk, Apothekerin aus Nürnberg. Gute Diensteleisten pflanzliche Mittel auch als Zusatz zu herkömmlichenMedikamenten, da sie die Heilung beschleunigen und Nebenwirkungenabmildern können - zudem sind sie oft günstiger.
Durch den richtigen Einsatz von pflanzlichen Arzneien undHausmitteln lasse sich oft ein Arztbesuch vermeiden, sagt BerndSimon, Kinderarzt aus München. «Man muss Kindern nicht bei jedemWehwehchen ein Medikament verabreichen», sagt Simon. Vielmehr rate erEltern dazu, die natürlichen Mechanismen der Selbstheilung zuunterstützen.
Als Faustregel gelte jedoch, immer einen Arzt aufzusuchen, wenndie Erkrankung länger als zwei Tage dauert - selbst hinter einemleichten Husten mit abendlichem Fieber kann sich eineLungenentzündung verbergen. Wenn ein Kind sich häufig übergibt oderan starkem Durchfall leidet, sollten Eltern nach spätestens 24Stunden zum Arzt gehen, rät Simon. Auch bei starken Schmerzen solltenicht abgewartet werden.
Ob nun naturheilkundliche oder herkömmliche Arzneimittel verwendetwerden: Die Medikation sollte stets an die Bedürfnisse und Reaktionender Kinder angepasst sein. «Viele Mittel schmecken Kindern nicht odersind schmerzhaft», sagt Matthias Schneider. Ideal seien süße Säfteund Tropfen, die leichter zu schlucken sind als Tabletten oderKapseln und gut dosiert werden können, rät der Apotheker ausDillingen. Wenn sich die Kapseln leicht öffnen und leeren oder dieTabletten zermörsern ließen, könnten sie allerdings problemlosverabreicht werden.
Haben Kinder Probleme mit dem Schlucken von Medikamenten, zumBeispiel bei Brechhusten, stellen darüber hinaus Zäpfchen undKlistiere eine gute Alternative dar. Schneiders Tipp für dieAnwendung von Zäpfchen: «Anwärmen und mit der stumpfen Seite zuersteinführen, dann können Kinder sie nicht mehr rausdrücken.» WenigerGegenwehr ihrer jungen Patienten müssen Eltern bei Salben und Cremeserwarten. Da Kinder im Verhältnis zum Gewicht wesentlich mehrKörperoberfläche haben, sollten sie jedoch nur in geringen Mengenoder verdünnt auf die Haut aufgetragen werden.
Prinzipiell sollten Eltern gelassen reagieren, auch wenn ihreKinder häufig krank sind: «Zehn bis zwölf Infekte im Jahr sind beikleinen Kindern vollkommen normal, weil ihr Immunsystem noch nichttrainiert ist», sagt Jäger. «Da müssen sie durch.» Zur Stärkung desImmunsystems sollten Kinder viel Obst und Gemüse essen, ausreichendtrinken und sich regelmäßig an der frischen Luft bewegen.
Hausmittel helfen gegen viele Kinderkrankheiten
Wenn Kinder krank sind, müssen Eltern ihnen nicht immer einMedikament geben. Häufige Kinderkrankheiten wie Halsweh, Husten undFieber können mit Hausmitteln wie Hals- oder Brustwickeln oder mitpflanzlichen Präparaten wie Hustentee effektiv behandelt werden, sagtApothekerin Christina Jäger aus Bremen. Und Ohrenschmerzen, die wegender kurzen und weiten eustachischen Röhre bei Kindern häufigauftreten, können wirkungsvoll durch Zwiebelwickel gelindert werden.Dafür wickelt man eine halbe Zwiebel in ein Taschentuch, legt sie aufdas betroffene Ohr und fixiert sie mit einem Stirnband.