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Tückisch und schwer einzuschätzen Tückisch und schwer einzuschätzen: Wie sich Alzheimer erkennen lässt

Von Florian Oertel 09.07.2003, 08:50
Die Versorgung dementer Patienten erfordert viel Geduld und Verständnis - oft erkranken die Betroffenen schleichend und zunächst kaum wahrnehmbar an Alzheimer. (Foto: Deutsche Alzheimer Gesellschaft/dpa/gms)
Die Versorgung dementer Patienten erfordert viel Geduld und Verständnis - oft erkranken die Betroffenen schleichend und zunächst kaum wahrnehmbar an Alzheimer. (Foto: Deutsche Alzheimer Gesellschaft/dpa/gms) Deutsche Alzheimer Gesellschaft

Berlin/Lößnitz/dpa. - Viele ältere Menschen werden scheinbar wunderlich: Ihr Gedächtnis lässt sie im Stich, sie verlegen Dinge, manche werden aggressiv. Unter Umständen liegt das an alterstypischen Leistungsstörungen des Gehirns. Möglicherweise leiden sie aber an Alzheimer. Auf die bis heute nicht heilbare Krankheit muss speziell reagiert werden. Experten kennen Signale, auf die Angehörige achten sollten, um Alzheimer von anderen Alterskrankheiten zu unterscheiden.

Alzheimer ist die häufigste der «Demenz-Erkrankungen», erläutert Rosemarie Drenhaus-Wagner, Vorsitzende der Alzheimer Angehörigen Initiative in Berlin. Bei Betroffenen wird das Hirngewebe umgewandelt und abgebaut. Gedächtnis, Denkfähigkeit und Auffassungsgabe lassen nach, ebenso Orientierung, Urteilsvermögen und Sprache. Zudem treten Veränderungen der Persönlichkeit, der Gefühlskontrolle und des Sozialverhaltens auf. Im Endstadium sind die Patienten schlimmstenfalls dazu verurteilt, hilflos dahinzuvegetieren.

Was das Unterscheiden so schwer macht, ist die Tatsache, dass auch Senioren mit Hirnleistungsstörungen zu Vergesslichkeit neigen. Wie an Alzheimer Erkrankte auch erinnern sie sich oft an ihre Schulzeit, wissen aber nicht, was sie am Vortag zum Abendbrot gegessen haben. Bei Altersvergesslichen kehrt die Erinnerung nach Drenhaus-Wagners Worten häufig wieder zurück, bei Alzheimer-Patienten dagegen nicht.

Zudem verblasst bei Alzheimer auch das Langzeitgedächtnis. «Möglicherweise wird dann irgendwann der eigene Partner gesiezt», so Drenhaus-Wagner. Ein Alarmsignal ist laut Sabine Jansen, Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft in Berlin, Vergesslichkeit, die merkwürdig erscheint: «Ein Beispiel ist die Hausfrau, die nicht mehr weiß, wie man Kartoffeln kocht.»

Einem erhöhten Alzheimerrisiko unterliegen Menschen ab 60, sagt Christine Wagner, Ärztin für Neurologie und Psychiatrie in Lößnitz (Sachsen). «Am Beginn der Erkrankung stehen oft Interessenverlust und sozialer Rückzug.» Dazu gehört, dass Hobbys vernachlässigt werden. Weiterhin typisch ist örtliche Desorientierung: «Wege, die eigentlich bekannt sind, werden nicht mehr gefunden», so Jansen. Hinzu kommen oft Entscheidungsschwierigkeiten: «Die Menschen drücken sich, beim Einkaufen mit Wechselgeld konfrontiert zu werden.»

Ist die Krankheit fortgeschritten, fällt es leichter, die Symptome von jenen der Altersvergesslichkeit zu unterscheiden. «Dann hat der Patient möglicherweise Schwierigkeiten, in Gesprächen passende Worte zu finden», sagt Jansen. Zudem könnten die Betroffenen bisweilen nicht mehr unterscheiden, «ob etwas im Fernsehen gezeigt wird oder Realität ist», so Drenhaus-Wagner.

Doch so lange sollte Angehörige nicht warten: «Wenn die Auffälligkeiten über sechs Monate anhalten, ist das ein Alarmsignal», sagt Drenhaus-Wagner. Ein Arzt kann - sofern tatsächlich Alzheimer vorliegt - Medikamente verschreiben. Das kommt nicht auch den Angehörigen zu Gute, die unter der Situation leiden.

Manchmal machen die Senioren den Medizinern die Diagnose aber auch leichter, weiß Christine Wagner: «Wenn jemand in die Praxis kommt und sagt: Frau Doktor, ich habe Alzheimer, dann kann ich fast immer sagen: nein.» Wer an der Krankheit leidet, bemühe sich in den meisten Fällen darum, seine Probleme kleinzureden.

Informationen: Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Friedrichstraße 236, 10969 Berlin (Alzheimer-Telefon: 01803/17 10 17 - für neun Cent pro Minute, E-Mail-Beratung: [email protected])