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Tiere Tiere: Die Natur soll es richten

21.06.2001, 07:53

Obersulm /gms. - «Auf den Dörfern gab es immer schon Kräuterweiblein, die sich derTierbehandlung annahmen», sagt Heidi Kübler aus Obersulm(Baden-Württemberg), Vorsitzende der Gesellschaft für GanzheitlicheTiermedizin (GGTM). «Seit etwa zehn Jahren erlebt die Naturheilkundeaber einen regelrechten Boom.»

Zur ganzheitlichen Tiermedizin zählt die GGTM Behandlungsmethodenwie etwa Akupunktur, Homöopathie oder die Bach-Blüten-Therapie. Wasdie Naturheilverfahren verbindet, ist laut Heidi Kübler ihreFähigkeit, die Selbstheilungskräfte des Körpers anzuregen. ZumAngebot ganzheitlich ausgerichteter Praxen zählen aber auchTierpsychologie und Massagen. Manchmal bezieht die ganzheitlicheBehandlung sogar Herrchen oder Frauchen mit ein.

Rosina Sonnenschmidt aus Oberhaslach im Elsass ist etwa überzeugt,dass «es mindestens zehnmal am Tag wichtiger wäre, den Besitzer zutherapieren» als das Tier, das er mitbringt. Die auf Vögelspezialisierte Tierheilpraktikerin erstellt deshalb regelmäßig einPsychogramm des Halters, um herauszufinden, ob dieser seine Problemeauf seinen Schützling projiziert.

Die GGTM-Vorsitzende Heidi Kübler hat zunächst einschulmedizinisches Studium absolviert und sich die alternativenBehandlungsmethoden dann in Weiterbildungen angeeignet. Das Attribut«alternativ» hört sie im Zusammenhang mit ihrer Arbeit allerdings garnicht gerne. «Es geht nicht um ein Entweder-Oder. Ich sehe beideSeiten.»

Auch bei der Tierbehandlung ist zwischen Ärzten und Heilpraktikernzu unterscheiden. Während die tierärztliche Ausbildung gesetzlichgeregelt ist, kann sich den Titel «Tierheilpraktiker» jeder selbstverleihen. «Wir bedauern, dass es keine verbindliche Regelung gibt»,sagt Jutta Schröter, Vorsitzende des Verbandes freierTierheilpraktiker in Bremervörde. Wer hier Mitglied werden möchte,muss immerhin bestimmte Prüfungen abgelegt haben, die eine etwaanderthalbjährige Ausbildung voraussetzen.

Was die Orientierung für Patienten beziehungsweise deren Halterzusätzlich erschwert, ist die verwirrende Vielzahl derHeilpraktiker-Verbände. Fünf davon mit insgesamt 900 Mitgliedernarbeiten in der Kooperation der TierheilpraktikerverbändeDeutschlands zusammen. Derzeit sind sie damit beschäftigt, gemeinsamePrüfungskriterien für den Tierheilpraktiker-Beruf zu entwickeln.

Das Durcheinander der Verbände findet seine Entsprechung in derVielfalt der Spezialisierungen unter den Tierheilpraktikern. So hatsich zum Beispiel Klaus Höner aus Duisburg ganz der so genanntenLebenssalzkunde verschieben, die Krankheiten mit der Gabe elfverschiedener Mineralsalze bekämpft. Dem 57-jährigenTierheilpraktiker, der vorher als Reitlehrer gearbeitet hat, istbewusst, dass sein Ansehen bei Schulmedizinern «gleich Null» ist.

Angelika Richter von der Tierärztlichen Hochschule in Hannoverwendet gegen die alternativen Behandlungsmethoden vor allem ein, dasssie sich selbst kaum in Frage stellten: «Die Schulmedizin zweifeltsich selbst immer wieder an und optimiert damit ihre Verfahren. Diealternative Medizin beruft sich dagegen immer auf die Tradition.»

Wer mit seinem Liebling den Weg zu einem Tierheilpraktiker findet,muss indessen nicht unbedingt esoterisch ausgerichtet sein. Vielfachwerden dort Fälle vorgestellt, denen die Schulmedizin keine Hilfemehr in Aussicht stellen kann. «Wir sind häufig die letzte Hoffnung»,weiß Tierheilpraktikerin Sonja Hauschild aus Bielefeld. Das hat auchseine angenehmen Seiten: «Wir kriegen die netten Leute ab, die allesfür ihr Tier tun würden.»

Informationen: Gesellschaft für Ganzheitliche Tiermedizin,Rudolf-Diesel-Straße 17, 74182 Obersulm-Willsbach (Tel.: 07134/14600, Internet: http://www.ggtm.de); Verband freier Tierheilpraktiker,Auestraße 99, 27432 Bremervörde (Tel.: 04764/12 42, Fax: 04764/81 0073).