1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Schlankheitswahn: Schlankheitswahn: Supermodels und Popstars keine Vorbilder

Schlankheitswahn Schlankheitswahn: Supermodels und Popstars keine Vorbilder

14.11.2001, 12:07
Supermodels und Popstars sollten kein Vorbilder
Supermodels und Popstars sollten kein Vorbilder AFP

Bielefeld/gms. - Lena würde gern weniger wiegen. Die13-Jährige aus Cadenbergen findet sich zu «fett», obwohl sie bei einer Größe von 1,56 Meter nur 47 Kilogramm wiegt. Damit ist sie Experten zufolge eher zu dünn als zu dick. Und Lena ist nicht die Einzige. Jedes zweite Mädchen wäre gerne dünner, dabei ist nur jede Fünfte wirklich zu dick, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln.

Selbst Mädchen, die Untergewicht haben, halten sich oft für zu dick. Wolfgang Settertobulte von der Universität Bielefeld hat in einer Studie herausgefunden, dass von den untergewichtigen Mädchen jede Fünfte immer noch abnehmen möchte. Dass sich die Mädchen dickerfinden als sie sind, hängt dem Psychologen undGesundheitswissenschaftler zufolge mit der körperlichen Entwicklung zusammen. «In der Pubertät werden die weiblichen Formen runder, daserschreckt die Mädchen.»

Der Ernährungspsychologe Professor Iwer Diedrichsen von der Universität Hohenheim erklärt den Schlankheitswahn so: «Die Mädchen bekommen durch die Medien die Botschaft, dass sie schlank seinsollen, und sie versuchen, diese Botschaft zu erfüllen.» Viele Mädchen sagen, sie seien «viel» zu dick, weil sie sich immer an noch «Erfolgreicheren» - also an den Spindeldürren, orientieren.

Die Frauenbilder, die in den Medien gezeigt werden, sindallerdings den Experten zufolge in keiner Weise repräsentativ für die Bevölkerung. «Es gibt verschiedene, genetisch bedingte Menschentypen», erklärt Wolfgang Settertobulte. «Da sind Leute, die die genetische Veranlagung zum Fettansatz haben. Es gibt denathletischen Typ, der ist am seltensten. Und es gibt Menschen, die können so viel essen, wie sie wollen, und nehmen trotzdem nie zu.»

Bei Erwachsenen verwenden Wissenschaftler den Body Mass Index,kurz BMI, um zu bestimmen, ob jemand Normalgewicht hat. Den errechnetman, indem man das Gewicht durch die Körpergröße in Metern zumQuadrat teilt. Wenn die Zahl, die dabei rauskommt unter 19 liegt,bedeutet das der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolgeUntergewicht. Liegt sie über 25, so gilt das als Übergewicht. Alleszwischen 19 und 25 ist völlig normal.

Der BMI ist aber für Erwachsene gedacht. Bei 11- bis 18-Jährigen,die noch im Wachstum sind, stimme er nicht, so Settertobulte. BeiJugendlichen seien die Grenzen anders, die Grenze für Untergewichtliege bei 17, die für Übergewicht bei 26. Fotomodelle wiegen 23Prozent weniger als die «Durchschnittsfrau» und amerikanischeSchönheitsköniginnen haben mit einem durchschnittlichen BMI unter18,5 deutliches Untergewicht.

Die spindeldürren Supermodels und Popstars sollten auch deswegen kein Vorbild sein, weil ihr Schlanksein in vielen Fällen gesundheitliche und teilweise auch Drogenprobleme mit sich bringe, sagt Settertobulte. Außerdem ist es ein offenes Geheimnis, dass bei Supermodels oft mit Tricks gearbeitet wird, damit diese noch schlanker aussehen als sie sind. Da kommt zum Beispiel Klebeband zum Einsatz, die Models werden aufgehängt, damit die Beine noch längererscheinen oder es wird mit Grafikprogrammen retouchiert.

Es sei kein Wunder, dass sich in den Köpfen vor allem derheranwachsenden Mädchen und jungen Frauen ein Wunschgewichtfestsetze, das nur durch ständiges Diäthalten zu erreichen ist, kritisiert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Der Psychologe Ronald Henss aus Saarbrücken, der sich mitdem Thema Partnerwahl beschäftigt, sagt: «Spindeldürr ist nie das Ideal, gefragt ist eine Normalfigur in Richtung schlank.» Viele Untersuchungen zeigten, dass weibliche Figuren mit einer gewissen Hüfte-Taille-Proportion und Busen gefragt seien. «Das fehlt an einem spindeldürren Körper», so Henss. Dürre Frauen fänden nur ganz wenigeMänner gut. «Ein Mädchen sollte eine normale Figur haben», sagen auch die beiden Hamburger Tilman und Pjer, beide 19 Jahre alt - stellvertretend für viele andere. «Auf jeden Fall sollte was dran sein.»