Schlafstörungen Schlafstörungen: Schnarchen schädigt Gesundheit und Sozialleben

Berlin/Marburg/dpa. - Jede Nacht dieselben Szenen: Der eine Partner schnarcht, der andere wälzt sich schlaflos im Bett.
«Es gibt Schnarcher, die schnallen sich Tennisbälle auf den Rücken, damit sie nur auf der Seite schlafen und nicht so viel schnarchen», beschreibt der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Parwis Mir-Salim aus Berlin verzweifelte Versuche der Abhilfe.
Hinter der Lärmbelästigung kann sich aber auch eine Krankheit verbergen: das Apnoesyndrom mit Atemaussetzern. Ärzte halten Behandlungen wie Operationen oder Atemmasken dafür bereit.
Alkohol vor dem Schlafengehen, Übergewicht und zunehmendes Alter verstärken das Schnarchen. «70 Prozent aller 70-Jährigen schnarchen», sagt Karl Hörmann von der Universitäts-HNO-Klinik Mannheim. Zu 90 Prozent seien Männer betroffen - und damit indirekt die Frauen. «Meist gehen Schnarcher zum Arzt, weil ihr Sozialleben leidet», berichtet Mir-Salim, Klinikdirektor am Vivantes-Klinikum in Berlin-Friedrichshain. Manche Schnarcher können den Geräuschpegel eines Düsenjets erreichen, der über das Haus fliegt.
Der überwiegende Teil der Ruhestörer hat keine Probleme mit der Gesundheit. Jedoch: «Bei etwa zehn Prozent der Schnarcher kommt es zu Atemaussetzern», sagt Thomas Penzel, Mediziner im Schlaflabor der Universität Marburg. «Tritt dies häufig auf, wird das Gehirn nicht mit genug Sauerstoff versorgt, die Menschen sind tagsüber müde und unkonzentriert, der Blutdruck steigt an.»
Das Schnarchen entsteht durch schlaffes Gewebe am Gaumen, am Zungengrund und im Rachen oberhalb des Kehlkopfes. Beim Einatmen vibriert das Gewebe und flattert mehr oder weniger laut. In schweren Fällen verschließen sich die Atemwege und es kommt zu den Atemaussetzern. Die Schnarcher schrecken unbewusst oder bewusst hoch, bis zu mehreren hundert Mal pro Nacht.
«Ernst wird es, wenn mehr als zehn Atempausen pro Stunde Schlaf entstehen», sagt Physiologe Penzel. Er empfiehlt den Besuch beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt und den Gang ins Schlaflabor: Denn nur dort können harmlose Schnarcher von gesundheitlich gefährdeten unterschieden und die Ursachen geklärt werden. Behandelt wird die Krankheit unter anderem mit der so genannten CPAP-Maske, die einen leichten Überdruck in den Luftwegen erzeugt und sie offen hält. Dennoch findet nicht jeder Patient solch ein Gerät angenehm, zumal er es jede Nacht aufsetzen muss.
Als Alternative zur Maske gibt es verschiedene, oft ambulante Operationen. «Sollte die Nase zu eng sein, können beispielsweise eine schiefe Nasenscheidewand begradigt oder die Nasenmuscheln verkleinert werden», sagt Mir-Salim. Aber nicht jedem kann so geholfen werden. «Bei einigen sitzt die Ursache für das Schnarchen tiefer, wo man nicht so einfach hinkommt», sagt Penzel. Voraussetzung für eine Operation bei stark Übergewichtigen sei zudem: erstmal abnehmen.
Anti-Schnarch-Bandagen, Mundschienen, die den Unterkiefer nach vorne schieben, Nasenpflaster, Trainingsgeräte für die Zungenmuskulatur - zahlreiche Produkte sind auf dem Markt, die verzweifelten Schnarchern Abhilfe bringen sollen. «Bevor man sich so etwas zulegt, sollte man erst in einem Schlaflabor testen lassen, ob es potenziell helfen könnte», warnt Mir-Salim vor Fehlkäufen.
Liegen eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch das Schnarchen und ein Apnoesyndrom vor, übernehmen die Kassen die Kosten für die Behandlung. «Wer keine Atemaussetzer hat, aber die Nerven seines Lebenspartners schonen will, muss im Zweifelsfall selbst bezahlen», sagt Mir-Salim.