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Schlaf Schlaf: Langschläferverein folgt innerer Uhr

Von Julia Deppe 20.12.2002, 14:54

Berlin/dpa. - Der Berliner ist eines von bundesweit rund 150 Mitgliedern beim Langschläferverein «Delta t».

Ein Schlafmützen-Club wollen Althausen und seine Mitstreiter nicht sein. «Ich schlafe nicht mehr als andere», beteuert der 34-Jährige. Nur seine innere Uhr ticke irgendwie anders. «Am liebsten gehe ich um drei Uhr nachts ins Bett und stehe um elf Uhr morgens auf.» Dass der biologische Rhythmus von Mensch zu Mensch variiert, bestätigen Wissenschaftler. «Das kann zum Beispiel an der Genetik liegen», erklärt Till Roenneberg, Chronobiologe an der Universität München.

Den Alltag für Langschläfer angenehmer zu gestalten, das hat sich «Delta t», auf Deutsch: Zeitdifferenz, auf die Fahnen geschrieben. «Die Gesellschaft hat sich den Frühaufstehern angepasst», kritisiert der Vorsitzende Günter Woog in Dreieich im Kreis Offenbach, wo die Vereinszentrale liegt. «Frühaufstehen gilt als Tugend.»

Langschläfer hingegen würden benachteiligt und zwar von Kindesbeinen an. «Wir fordern einen späteren Schulstart», sagt Woog, der als Schüler wegen Zuspätkommens selbst zahlreiche Einträge ins Klassenbuch kassiert hatte. Unterstützung bekommt er aus der Wissenschaft. «Vor allem für Jugendliche ist der Unterrichtsbeginn um acht Uhr zu früh», sagt Roenneberg. In der Pubertät verschiebe sich der biologische Rhythmus.

Jahrelang musste Mark-Peter Althausen seine innere Uhr ignorieren. Er ging um elf Uhr ins Bett, wälzte sich stundenlang von einer Seite auf die andere, zählte Herden von Schäfchen - vergeblich. Morgens quälte er sich erst dann aus dem Bett, wenn er bei seiner Mutter mit «Nur noch einmal umdrehen!» nicht mehr durchkam. «Ich war wie gerädert», erinnert er sich. Kein Wunder: Der Schlaf spielt eine wichtige Rolle, wie Roenneberg betont. «In dieser Zeit werden Zellen repariert, Energiespeicher aufgefüllt und Erlebnisse verarbeitet.»

Als Freiberufler kann sich Althausen seine Zeit heutzutage besser einteilen. Öfter als ihm lieb ist, muss er sich aber dem Diktat der Frühaufsteher beugen. Postboten, die morgens Päckchen bringen, Konferenzen in Herrgottsfrühe und Arzttermine im Morgengrauen sind ihm ein Graus. Warum alle Welt so früh in den Tag startet, kann er nicht verstehen. «Gucken Sie sich doch morgens die Leute in der U- Bahn an», sagt er. «Das sind doch alles gähnende Zombies.»

Der Berliner ist froh, bei «Delta t» Gleichgesinnte gefunden zu haben. 20 bekennende Nachtschwärmer gibt es in Berlin, darunter einen Pastor, einen Grafiker und einen Anwalt. Einmal im Jahr, um Siebenschläfer herum, gibt es ein bundesweites Vereinstreffen. «Es ist gar nicht so leicht, ein Hotel zu finden, das bis 13:00 Uhr Frühstück anbietet», sagt Althausen. Dass es bei dem Langschläfer-Treffen keine Tagesordnungspunkte, sondern Abendordnungspunkte gibt, versteht sich von selbst.

Internetpräsenz: www.delta-t.org