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Reizdarmsyndrom Reizdarmsyndrom: Individuelle Therapie bringt Ruhe im Bauch

Von Miriam Tang 11.06.2003, 12:00

Hamburg/dpa. - Das Reizdarmsyndrom ist nach der Erkältung die am häufigsten in Deutschland diagnostizierte Krankheit. Nach Angaben der in Neu-Isenburg erscheinenden «Ärzte Zeitung» leiden 15 Prozent der Deutschen unter den Symptomen wie häufigen Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung und Blähungen. Eine individuelle Therapie kann den Betroffenen allerdings helfen.

Die Schulmedizin hat lange zwischen Reizmagen und Reizdarm unterschieden. Heute sprechen die Ärzte von einem so genannten Reizdarmsyndrom. In der Schulmedizin der vergangenen Jahre galt es als keine organische Erkrankung. Nach Information des Deutschen Ernährungsberatungs- und Informationsnetzes (DEBInet) handelt es sich beim Reizdarm um eine Funktionsstörung des Verdauungstraktes.

Die Symptome können laut DEBInet sehr unterschiedlich sein. Zu den häufigsten Beschwerden gehören der Wechsel von Verstopfung und Durchfall, Blähungen, Völlegefühl und krampfartige Schmerzen. Diskutiert werden verschiedene Faktoren als Auslöser, so die Ernährungsexperten. So lösten zum Beispiel bestimmte Nahrungsmittel Beschwerden aus, aber auch Stress und seelische Konfliktsituationen.

Thilo Schleip aus Köln hatte früher immer wieder Ärger mit seiner Verdauung. Ein Durchbruch war für ihn die Erkenntnis, dass er keine Milch vertrug. In der Fachsprache heißt das Laktoseintoleranz oder Milchzuckerunverträglichkeit. Doch so eine Einzeldiagnose allein reiche oft nicht aus, so der Buchautor, der in seinem Buch «Das Reizdarmsyndrom - Was wirklich dahinter steckt», den Ursachen gemeinsam mit einer Medizinerin auf den Grund geht.

«Vielmehr bedarf es einer Reihe von therapeutischen Schritten. Sie bestehen aus einer Kombination von Ernährungsumstellung, medikamentöser Unterstützung, seelischer Hilfe sowie körperlicher Wellness», sagt Schleip.

Zu den häufigsten Übeltätern gehören die so genannten Kohlenhydratmalabsorptionen, allen voran bei Milch- und Fruchtzucker. Wer also nach dem Verzehr von Obst und Milchprodukten Bauchschmerzen oder Durchfall bekommt, könnte hier einen Ansatz finden. Auch Fett bereite vielen Patienten Probleme.

«Die wenigsten Betroffen wissen, welche Mengen an unverträglichen Nahrungsmitteln sie zu sich nehmen», erläutert Schleip. So begünstigten Zitrusfrüchte und kohlensäurehaltige Getränke Magenbeschwerden. Alkohol, Koffein, Nikotin und Medikamente wie Antibiotika könnten ebenfalls Probleme machen. «Versteckte Nahrungsmittel-Allergien werden als Ursache ebenso häufig übersehen wie eine längst abgeklungene Magen-Darm-Infektion», erläutert Schleip.

Auf die Bedeutung einer ausführlichen Diagnose weist Regine Martin aus Fürth hin. Sie betreut Betroffene als Hilfe zur Selbsthilfe: «Die erste Anlaufstelle bei Reizdarm wird wohl ein Gastroenterologe sein.» Mittels endoskopischer Untersuchungen könne aber nicht die Ursache der Beschwerden erkannt werden, sagt Martin. «Kohlehydratmalabsorptionen kann ebenfalls der Gastroenterologe oder Internist diagnostizieren, während mögliche Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Kreuzreaktionen bei Pollenallergien wohl eher in die Hand eines erfahrenen Allergologen gehören.» Erst durch eine umfangreiche und fachgebietsübergreifende Diagnostik könne die Ursache gefunden werden.

Einen anderen Ansatz verfolgt die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). «Die Symptome des Reizdarms - Blähungen, Bauchschmerzen, Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung - sind in der traditionellen chinesischen Medizin Anzeichen für das Syndrom "Leber attackiert die Mitte"», sagt die TCM-Ernährungstherapeutin Barbara Temelie in München. Chronischer Stress führe zu einer Stagnation, die die Funktion der Verdauungsorgane und des Stoffwechsels behindere.

Da es sich um eine Kombination von zwei Syndromen handelt, empfiehlt Temelie eine zweigleisige Behandlung: «Die Stagnation wird durch Entspannung, ausreichend Bewegung, Beseitigung von emotionalem Druck und im Rahmen der TCM durch Akupunktur angegangen.» Die Stärkung der so genannten Mitte erfolge über bekömmliche, weitgehend gekochte Speisen: Suppen aus kurz gedünstete Gemüse mit Reis, Hirse oder Kartoffeln, die etwa alle zwei Tage durch eine kleine Menge Fleisch oder ein paar Esslöffel weich gekochte Hülsenfrüchte ergänzt werden.

Wichtig sei die Verwendung von verdauungsfördernen Zutaten wie frischer Ingwer, mild-scharfe Gewürze, frische Kräuter und etwas bitterer Blattsalat. «Unbedingt vermeiden sollte man denaturierte, tief gefrorene und in der Mikrowelle erhitzte Nahrung, rohes Gemüse und Getreide, eiskalte und zuckerhaltige Getränke, Süßigkeiten, Milch und Milchprodukte außer Butter und häufige Brotmahlzeiten», sagt Temelie.

Informationen: Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm, Leber und Stoffwechsel sowie von Störungen der Ernährung (Gastro-Liga), Friedrich-List-Straße 13, 35398 Gießen (Tel.: 0641/97 48 10, Fax: 0641/974 81 18)