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Rauchverbot auf Italienisch Rauchverbot auf Italienisch: Heizpilze statt Geldbuße

Von Carola Frentzen 02.02.2006, 08:12

Rom/dpa. - Mit verschränkten Armen tippelt ein junger Römer voneinem Bein auf das andere und zieht hastig an seiner Zigarette. Ersteht auf dem Bürgersteig vor einer Trattoria, es ist kalt, seinenichtrauchenden Freunde sitzen drinnen im Warmen. Fast genau ein Jahrist es her, da wurden in ganz Italien Schilder mit der Aufschrift«Vietato fumare» - Rauchen verboten - an die Wände genagelt. Schlussmit dem «Dolce Vita» für Raucher, «basta» mit verqualmten Bars,Restaurants und Discotheken, bestimmte die Regierung.

Womit damals keiner rechnete: Von Mailand bis Messina haben sichselbst eingefleischte Zigarettenfans ohne großes Murren und Gezeteran das strikte Gesetz gehalten - und viele haben das Verbot sogar zumAnlass genommen, dem blauen Dunst für immer Lebewohl zu sagen. Füralle anderen wurde das Problem «alla italiana» gelöst - ganz nach demMotto: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Da in allen öffentlichen Innenräumen nicht mehr geraucht werdendarf und für den Großteil der Lokale ein Extra-Raucher-Raum mitBelüftungsanlage zu teuer war, haben die Cafés und Pizzerien eben aufdie Außenräume zurückgegriffen. Die meisten von ihnen lassen jetztauch im Winter ihre Tische im Freien stehen, wo die Nikotinfreundeunter Heizpilzen speisen, plaudern und rauchen können.

In diesem Winter sind die Restaurantbesitzer sogar noch weitergegangen und bieten ihren qualmenden Gästen Komfort pur imPlastikgewand: Überall in Roms Innenstadt finden sich Klarsicht-Zelte, die wie ein Wintergarten vor die Lokale gebaut wurden. Einschöner Anblick ist das freilich nicht. «Aber Not machterfinderisch», lächelt eine junge Römerin und nimmt einen tiefen Zug.

Immerhin: Wer gegen das Gesetz verstößt und sich doch mit einerZigarette erwischen lässt, muss mindestens 27 Euro Strafe zahlen.Restaurant-, Kneipen- und Discothekenbesitzer, die bei rauchendenGästen ein Auge zudrücken, müssen sogar noch wesentlich tiefer in dieTasche greifen. «Ich finde, so ein striktes Rauchverbot ist eineDiktatur», sagt Anwaltsgehilfin Claudia.

Doch viele ihrer Landsleute sahen das anders und hörten mit demRauchen auf. Insgesamt ging der Zigarettenverkauf bis Ende 2005 umsechs Prozent zurück, eine halbe Million Italiener schworen demblauen Dunst ab. «Wenn ich beim morgendlichen Espresso in der Baroder nach dem ausgiebigen Spaghetti-Essen am Abend nicht mehr qualmendarf, dann höre ich lieber ganz auf», bringt es ein römischerComputerfachmann auf den Punkt.

Der anfängliche Ärger ist verpufft. Allerorts riecht es wiedernach Kaffee und Holzkohle statt nach schwelenden Dunstwolken. «Undauch die Kleider stinken jetzt nicht mehr, wenn man im Restaurantwar», freut sich eine Nichtraucherin. Rauchen hat für die Italienereben hauptsächlich mit Genuss zu tun - und nur eingefleischteZigarettenfreunde nehmen es dafür in Kauf, vor die Tür zu gehen oderunter einem Heizpilz zu frösteln.