Rauchen im Lokal bundesweit verboten - grundsätzlich
Berlin/dpa. - Das Qualmen in Gaststätten und Behörden ist künftig vom Kap Arkona bis Konstanz verboten - zumindest grundsätzlich. Das Rauchverbot gilt vom 1. Juli an in allen Bundesländern.
Damit ziehen auch Nordrhein-Westfalen und Thüringen nach. An Rhein und Weser war der Glimmstängel bisher nur in Behörden und Kliniken tabu, in Thüringen tritt das komplette Nichtraucherschutzgesetz erst in Kraft. In vielen Bundesländern kann es außerdem teuer werden für den, der verbotenerweise raucht, denn Bußgelder bis zu 5 000 Euro werden wirksam. Doch das bundesweite Rauchverbot steht wieder auf der Kippe. In Sachsen, Rheinland-Pfalz und im Saarland gelten für Ein-Raum-Kneipen bereits Ausnahmen.
Das Bundesverfassungsgericht will noch im Juli ein Grundsatzurteil fällen. Eigentlich geht es nur um die Klagen zweier Kneipenwirte aus Berlin und Tübingen sowie eines Diskothek-Besitzers aus Heilbronn. Doch Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hat die Entscheidung bereits als exemplarisch für weitere Beschwerden bezeichnet, die dort anstehen. Dabei geht es um die Frage, was mehr wiegt: der Gesundheitsschutz oder die Benachteiligung kleiner Lokale. Rund 80 000 Kneipen gibt es in Deutschland, die nur einen Raum haben. Peter Alexander hat sie berühmt gemacht: die kleine Kneipe.
Die Wirte der «Eckkneipen» laufen Sturm. «Kneipen, Bars und Diskotheken leiden unter massiven Umsatzeinbußen und haben Sorgen um ihre Existenz», sagt die Sprecherin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Stefanie Heckel. Fast die Hälfte von 1400 befragten Gastronomen beklagt nach Angaben der Gastronomie ein Umsatzminus. Mehr als ein Fünftel gibt Verluste von über 30 Prozent an. Dagegen konnte jeder zehnte Betrieb vom Rauchverbot profitieren.
Für inhabergeführte Gaststätten mit nur einem Raum setzten die Verfassungsgerichte in Rheinland-Pfalz und Sachsen das Rauchverbot vorläufig aus. Das Saarland hat als einziges Land das Qualmen in inhabergeführten Kneipen von vornherein erlaubt. Allerdings darf in den meisten Ländern in abgetrennten Raucherräumen noch gepafft werden. Die Bayern rückten nach der Schlappe bei der Kommunalwahl vom strengen Verbot für Festzelte ab - nun darf beim Oktoberfest geraucht werden.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), fordert ein flächendeckendes Rauchverbot ohne Wenn und Aber und kritisiert die Ausnahmen. «Diese Regelungen führen zu Wettbewerbsverzerrungen zulasten der kleinen Ein-Raum-Gaststätten», sagt Bätzing. «Ich appelliere daher an die Länder, so weit wie möglich auf Ausnahmen zu verzichten.» Von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erhofft sie sich eine «grundsätzliche Bestätigung» der Nichtraucherschutzgesetze.
Wer die Rauchprobe aufs Exempel macht, braucht in einigen Kneipen und Bars trotz des Verbots den Glimmstängel bisher nicht ausmachen. Wirte müssen allerdings mit Bußgeldern rechnen, wenn sie ihren Gästen keinen Hinweis geben, dass das Rauchen nicht gestattet ist oder nichts gegen das Rauchen unternehmen. Am teuersten kann es mit bis zu 10 000 Euro in Mecklenburg-Vorpommern werden - allerdings erst vom 1. August an. In Berlin, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt werden Bußgelder vom 1. Juli an fällig.
Die Drogenbeauftragte hält die Geldbußen für entscheidend. «Nur durch Kontrollen und die Bußgeldbewehrung kann der Nichtraucherschutz durchgesetzt werden», sagt Bätzing. Das Verbot findet nach ihrer Ansicht großen Rückhalt. Die Gesetze haben manchen Bundesbürger auch zum Aufhören animiert: 15 Prozent der Raucher haben sich einer Forsa- Umfrage zufolge das Rauchen abgewöhnt, 16 Prozent das Qualmen deutlich eingeschränkt und 14 Prozent haben sich fest vorgenommen aufzuhören.
Ob sich Bundestrainer Joachim Löw das auch vorgenommen hat, ist unklar. Nachdem er beim EM-Spiel Deutschland gegen Portugal mit Zigarette zu sehen war, wehrte er sich: «Ich rauche eben manchmal eine Zigarette oder trinke am Abend ein Glas Rotwein. Es ist doch alles nicht ausschweifend.»