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Online-Schreibtherapie für Kriegstraumatisierte

21.05.2008, 14:06

Greifswald/dpa. - Menschen mit Kriegstrauma soll mit einer neuen Therapie über das Internet geholfen werden. Psychiater der Universität Greifswald haben gemeinsam mit dem Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin eine Schreibtherapie im Netz gestartet.

Das teilte Phillipp Kuwert von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Greifswald mit. Viele Menschen der Kriegsgeneration hätten nie oder nur in Bruchstücken über ihr Schicksal geredet. Häufige Folge seien unbewältigte traumatische Erlebnisse, die Symptome wie Schlafstörungen, Angst oder Schmerzzustände zur Folge haben könnten. Hinzu komme ein oft unfreiwilliges Erinnern des Erlebten.

Schätzungen zufolge haben rund ein Viertel aller zwischen 1933 und 1945 Geborenen als Kinder Traumatisierungen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg erlitten. Einschneidende Erlebnisse können beispielsweise das tagelange Ausharren im Luftschutzbunker oder der Tod oder die Vergewaltigung der Mutter gewesen sein. Das Behandlungsangebot einer sechswöchigen Schreibtherapie richte sich an ältere Menschen über 65 Jahre, sagte Kuwert. Dabei verfasst jeder Teilnehmer in jeweils 45 Minuten elf Texte, die von einem Therapeuten gelesen werden. Der Therapeut gibt dabei auch Instruktionen für den darauffolgenden Text.

Die Schreibtherapie konzentriere sich nicht nur auf das Trauma, sondern sie stelle die gesamte Lebensgeschichte des Betroffenen in den Mittelpunkt, sagte Christine Knaevelsrud vom Behandlungszentrum für Folteropfer. «So werden in den ersten sieben Texten einzelne Lebensphasen betrachtet, in zwei weiteren steht das traumatische Ereignis im Fokus und in den beiden letzten wird dieser Teil der Vergangenheit abgeschlossen.»

Nach Auffassung Knaevelsruds bietet das Internet-Angebot mehrere Vorteile. So könnten Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder in ländlichen Regionen zu Hause an dem Projekt teilnehmen. Zudem sei es für einige Menschen leichter, ohne direktes Gegenüber über das Erlebte zu berichten.

Das Projekt, an dem nur ausgebildete klinische Diplom-Psychologen beteiligt sind, wird von einer wissenschaftlichen Studie begleitet, in der die psychosomatische Wirksamkeit des Behandlungsansatzes untersucht werden soll. Das Internet als Kommunikationsplattform habe sich in den vergangenen Jahren als äußerst wirkungsvoll bei der Behandlung von psychischen Störungen erwiesen, hieß es. In den Niederlanden sei diese Therapieform in die gesundheitliche Regelversorgung aufgenommen worden.

Schreibtherapie übers Internet: www.lebenstagebuch.de