1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Ohrgeräusche: Ohrgeräusche: Flugzeuge im Kopf

Ohrgeräusche Ohrgeräusche: Flugzeuge im Kopf

05.09.2001, 11:57

Wuppertal/Kassel /gms - Manche Betroffene empfinden die Geräusche so, «als starte einDüsenjäger im Kopf», sagt Tanja Nickol, Oberärztin in derTinnitus-Klinik in Bad Arolsen (Hessen). Die Folgen reichten vonKopfschmerzen und Schlafproblemen bis hin zu Depressionen undPanikattacken. Bei vielen Patienten sei die Beeinträchtigung so groß,dass sie nicht mehr arbeiten können. Manche seien so verzweifelt,dass sie sogar an Selbstmord denken, sagt Nickol.

Die Gründe für den Tinnitus sind nicht eindeutig geklärt. «Wirkennen rund 400 verschiedene Ursachen», erklärt Lutz-Michael Schäfer,Leitender Hals-Nasen-Ohrenarzt in der Tinnitus-Klinik HabichtswaldAyurveda bei Kassel. Manchmal sei ein lauter Knall der Auslöser. Inrund 30 Prozent der Fälle liegt der DTL zufolge ein Innenohrschadendurch langanhaltende Lärmbelastung in Beruf oder Freizeit vor. AuchNebenwirkungen von Medikamenten, Allergien, Stoffwechselerkrankungenoder Krankheiten im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich sind möglicheUrsachen.

Bei vielen Menschen ist Tinnitus auch ein Stresssymptom. «Rundzwei Drittel aller Tinnitus-Patienten geben an, dass sie vor derErkrankung in besonderem Stress gelebt haben», erläutert Schäfer. Beiihnen tauchen die Ohrgeräusche auf, weil Anspannung zuDurchblutungsstörungen im Ohr führen kann. Dann können die feinenHaarzellen, die dafür verantwortlich sind, dass nur relevanteInformationen an das Gehirn weiter gegeben werden, ihreFilterfunktion nicht mehr wahrnehmen. Rund 70 Prozent aller unsumgebenden Geräusche filtert das Ohr täglich heraus. «Nur deshalbhören wir unser Schlucken etwa nicht bewusst», erklärt Schäfer.

Tinnitus-Patienten müssen dieses Filtern neu lernen. Wichtig istfür sie, Stress abzubauen und das Hören bewusst neu zu lernen, so dasKonzept der so genannten Tinnitus Retraining Therapie (TRT).«Tinnitus-Patienten versteifen sich auf die Ohrgeräusche und glauben,sie können gar nichts anderes mehr hören», sagt Tanja Nickol. «Siemüssen daher lernen, ihre Wahrnehmung auf andere Geräuscheumzulenken.» Das könne mit besonderen Hörtechniken geschult werden.

Indem Patienten lernen, sich auf diesen Ton zu konzentrieren,können sie das Ohrgeräusch ausblenden. «Das ist wie an der Bahnliniezu wohnen», erklärt Elke Knör, die Präsidentin der Tinnitus-Liga.«Nach einiger Zeit hört man das Rauschen nicht mehr, weil es nichtwichtig für einen ist.»

In Acht nehmen sollen sich Tinnitus-Patienten vor unseriösenTherapieangeboten. «Da Tinnitus quasi zu einer Volkskrankheitgeworden ist, gibt es zahlreiche Anbieter von Heilmitteln. DerenWirksamkeit aber nicht nachgewiesen ist», warnt Hans-Udo Homoth,Vorsitzender des Berufsverbands Deutscher Hals-Nasen-Ohrenärzte inNeumünster. Je größer das Versprechen auf völlige Heilung, destoskeptischer sollte man sein.

Informationen: Deutsche Tinnitus-Liga, Postfach 21 03 51, 42353Wuppertal (Tel.: 0202/24 65 20, Fax: 0202/24 65 220, E-Mail:Internet

E-Mail an [email protected]]