Nutzen und Nebenwirkungen Nutzen und Nebenwirkungen: Der schnelle Griff zu Aspirin und Co.

Berlin/Kiel/dpa. - Nicht jeder dieser Wirkstoffe ist jedochfür jeden Patienten gleich gut geeignet.
Wenn die Ursache des jeweiligen Schmerzes bekannt ist - zumBeispiel Kopfschmerzen nach einer durchzechten Nacht oder währendeiner Reise -, spricht nichts gegen eine Selbstmedikation. «DasProblem fängt an, wenn Schmerzen immer wieder auftauchen», sagt Prof.Hartmut Göbel, ärztlicher Direktor der Schmerzklinik Kiel. MüssenSchmerzmittel dauerhaft eingenommen werden, sollte sich ein Profi derSache annehmen, der sich auf die Suche nach den Ursachen macht.
Für die Selbstmedikation von Schmerzmitteln gibt die PharmazeutinUrsula Sellerberg von der Bundesvereinigung DeutscherApothekerverbände (ABDA) in Berlin folgende Faustregel vor: «Nichtlänger als drei Tage hintereinander, nicht häufiger als zehn Tage imMonat.» Um eine schnelle Wirkung zu erzielen, sollten Schmerzmittelmöglichst auf nüchternem Magen geschluckt werden. Und sie solltengrundsätzlich mit einem Glas Flüssigkeit und möglichst in Form vonBrausetabletten oder -granulaten eingenommen werden, rät dieExpertin. Sind keine Brausetabletten verfügbar, könne man auch«normale» Tabletten in einem Wasserglas zerfallen lassen.
Nach Angaben des Branchendienstleisters IMS Health inFrankfurt/Main ist Paracetamol das in Deutschland am häufigstenverkaufte rezeptfreie Schmerzmittel. Etwas mehr als 57 MillionenPackungen wurden im vergangenen Jahr abgesetzt. Mit 51 MillionenEinheiten folgt Acetylsalicylsäure (ASS). Ibuprofen wurde 28Millionen mal verkauft. Zusammen sorgten die drei Wirkstoffe füreinen Umsatz von rund 612 Millionen Euro.
Hartmut Göbel rät, möglichst Monopräparate zu verwenden, die nuraus einem einzigen Wirkstoff bestehen. Kombinationspräparate, dieASS, Paracetamol und auch Koffein enthalten - beispielsweiseTomapyrin -, lehnt der Schmerzexperte ab: «Die führen sehr schnelldazu, dass man sich daran gewöhnt und immer mehr davon nimmt. Koffeinmacht die Betroffenen zwar wacher und leistungsfähiger, es reduziertaber den schmerzlindernden Effekt.» Bei den Monopräparaten bestehekeine Gefahr, abhängig zu werden.
Der Aspirin-Wirkstoff ASS wirkt, indem er die Freisetzung vonSchmerzsubstanzen hemmt. Dies geschieht an den Synapsen, denVerbindungen zwischen den Nervenzellen. Im zentralen Nervensystemaktiviert es laut Hartmut Göbel die Schmerzabwehr. Zudem wirkt ASSentzündungshemmend und fiebersenkend.
ASS ist im Allgemeinen sehr gut verträglich. BestimmtePersonengruppen sollten den Wirkstoffe dennoch meiden: «Wer einenempfindlichen Magen hat, sollte es nicht nehmen, weil esMagengeschwüre verstärken kann», sagt Ursula Sellerberg. Gleichesgelte bei bereits bestehenden Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren.Um eine empfindliche Magenschleimhaut zu schützen, sollte beiAcetylsalicylsäure vorher etwas gegessen werden. ASS könne zudem dieAusschüttung von lungenverengenden Neurotransmittern fördern:Asthmatiker sind gut beraten, auf ASS zu verzichten.
Und auch Frauen im letzten Drittel der Schwangerschaft sollten ASSnur nach Rücksprache mit dem Arzt nehmen: Es kann die Wehen hemmen.Vor Zahnarztbesuchen ist die Einnahme von ASS ebenfalls wenig ratsam,da es die Blutgerinnung heruntersetzt. Die Behandlung könnte blutigerwerden als allgemein üblich. Aus diesem Grund wird ASS auch zurThrombosevorbeugung verwendet.
Für Kinder, die hohes Fieber haben, verbietet sich ein Griff zuASS ebenso: Denn Kinder vertragen nach Angaben von Ursula Sellerbergdas Schmerzmittel nicht immer. Wird ASS dennoch eingenommen, kann inEinzelfällen das so genannte Reye-Syndrom auftreten: Eine schwere,nicht ansteckende Erkrankung, die vor allem die Leber und das Gehirnbetrifft. Anzeichen für ein Reye-Syndrom sind beispielsweiseErbrechen und Fieber, das fünf bis sieben Tage nach dem Ende derursprünglichen Ersterkrankung auftritt. Das Kind ist dann verwirrtund ruhelos oder leidet gar unter Halluzinationen. Bei mehr als derHälfte der schwereren Fälle verläuft das Reye-Syndrom tödlich.
Ibuprofen wirkt ähnlich wie ASS und hat auch ähnlicheNebenwirkungen. «Es ist aber nicht so potent wie das Aspirin. Eswirkt kürzer, aber dafür schneller», erklärt Hartmut Göbel. Weil esdeutlich schlechter schmeckt, wird es normalerweise als Tablette oderKapsel eingenommen. Ibuprofen hat zudem eine krampflösendeKomponente. «Es wird sehr gerne von Frauen genommen, dieMonatskrämpfe haben», sagt Ursula Sellerberg. Ibuprofen wirke zudemweniger stark als ASS auf die Blutgerinnung.
Paracetamol wirkt im Gegensatz zu den genannten Arzneien nicht anden Synapsen der Nervenzellen, sondern direkt im Gehirn: «DasBesondere am Paracetamol ist, dass es sehr gut verträglich ist - auchfür Kinder, für Schwangere, für Leute mit Magenbeschwerden undAsthmatiker.» Sprich: alle, die das ASS nicht nehmen dürfen, sind mitParacetamol gut beraten. Ein pharmazeutisches Rundum-Sorglos-Paketist der Wirkstoff aber nicht: Wird Paracetamol überdosiert, kann esLeberschädigungen verursachen.
Die richtige Dosis - siehe Beipackzettel - ist das A und O jederSchmerzbehandlung. «Viele scheuen sich und nehmen zu wenig», sagtHartmut Göbel: «Die Schmerzen halten dann länger an.» Sein Tipp:«Gleich am Anfang richtig dosieren, damit man einen Blutspiegelerreicht, der wirkt.»