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Mobilfunk und Gesundheit Mobilfunk und Gesundheit: Keine klaren Beweise für Gesundheitsrisiken durch Handys

Von Till Mundzeck 31.01.2007, 10:40

Hamburg/Helsinki/dpa. - Auch eine neue große Untersuchung, die wegen einer zumindest rechnerischen Risikoerhöhungfür Hirntumore bei Langzeitnutzern für Aufregung sorgt, hat keinen Beweis für die Entstehung dieser so genannten Gliome durch das Telefonieren mit dem Handy gefunden. Studienautor Anssi Auvinen mahnt zu Vorsicht bei der Interpretation des auf den ersten Blick möglicherweise beunruhigenden Ergebnisses.

Die Forscher um Auvinen und Anna Lahkola von der finnischenStrahlenschutzbehörde hatten im Rahmen der multinationalenInterphone-Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO 1522 Gliom-Patienten und 3301 Gesunde aus Finnland, Großbritannien, Dänemark, Schweden und Norwegen verglichen. «Wir haben keinen Beweis für ein erhöhtes Gliom-Risiko bezogen auf regelmäßigen Mobiltelefongebrauch gefunden», schreiben die Wissenschaftler im «International Journal of Cancer».

Ein mögliches Langzeitrisiko in demjenigen Hirnbereich, der beimTelefonieren am stärksten der Strahlung ausgesetzt sei, müsse weitersondiert werden, bevor sich hierzu eindeutige Schlüsse ziehen ließen.Zu ähnlichen Resultaten waren auch andere Untersuchungen bereitsgekommen.

Für die jetzt veröffentlichte Studie untersuchten die Forscher beiden Krebspatienten den möglichen Einfluss zahlreicher Faktoren aufdas Gliom-Risiko. Dazu unterschieden sie unter anderem Viel- undWenig-, Langzeit- und Kurzzeittelefonierer sowie Nutzer von digitalenund analogen Mobiltelefonen. «Kein signifikanter Zusammenhang wurdeüber die Kategorien Nutzungsdauer, Jahre seit dem ersten Gebrauch,Gesamtzahl der Anrufe oder Gesamtnutzungsstunden gefunden», berichtendie Autoren.

Statistisch am auffälligsten zeigten sich die Werte für solcheKrebspatienten, die seit mehr als zehn Jahren ein Mobiltelefonbenutzt und es auf der Seite ihres später entdeckten Hirntumorsgehalten hatten. Die rechnerisch ermittelte Risikoerhöhung liegt beiihnen bei knapp 40 Prozent, allerdings mit einem breitenUnsicherheitsbereich von einem bis 92 Prozent.

«Wegen der Vielzahl der Analysen ist einige Vorsicht bei derInterpretation der Studienresultate nötig», warnte Auvinen aufAnfrage. «Ich denke, dass die fehlenden Konsistenz der Resultate nahelegt, dass es sich möglicherweise nicht um einen echten Fundhandelt.» So hätten nur leicht veränderte Analysen nicht, wie beieinem echten Zusammenhang erwartet, ähnliche Ergebnisse geliefert.«Mindestens eine Analyse zeigte sogar den umgekehrten Trend, alsoeinen scheinbaren schützenden Effekt», betonte Auvinen.

Nach Angaben der Forscher beruht das Ergebnis für dieLangzeittelefonierer mit vier Prozent Wahrscheinlichkeit auf einemZufallsbefund. Gemäß der wissenschaftlichen Konvention geltenStudienergebnisse in der Regel dann als «signifikant», wenn sie mithöchstens fünf Prozent Wahrscheinlichkeit Zufallsfunde sind.

Die Grundaussage der Studie formuliert Auvinen so: «Insgesamtwurde keine (Risiko-)Erhöhung gefunden, aber die Möglichkeit einesZusammenhangs zwischen (Handy-)Langzeitgebrauch und dem Tumorrisikoauf der Seite, wo das Telefon gehalten wird, rechtfertigt eineweitere Untersuchung.» Der Epidemiologe Joachim Schüz, der diedeutschen und dänischen Interphone-Beiträge mit betreut hat, gibt zubedenken, dass die Gruppe, bei der jetzt etwas Auffälliges gefundenwurde, sehr klein sei. «In wenigen Jahren wird jedoch vermutlich dieMehrheit der Bevölkerung in diese Gruppe fallen. Allein deshalb mussman das weiter untersuchen.»

So und ähnlich sehen es auch andere Forscher. So wurde beideutschen Handynutzern ebenfalls kein erhöhtes Hirntumorrisikobeobachtet. Über ein mögliches Risiko für Menschen, die bereits seitmehr als zehn Jahren mit dem Handy telefonieren und in der Regelbereits die sehr viel stärker strahlenden C-Netz-Telefone benutzthatten, ließ sich jedoch keine abschließende Aussage treffen, hattendie Forscher aus Mainz, Bielefeld, Mannheim und Heidelberg vor rundeinem Jahr berichtet.

Und eine im Dezember veröffentlichte Untersuchung von 420 000dänischen Handynutzern von 21 Jahren Dauer hatte kein gehäuftesAuftreten von Hirntumoren, Akustikgeschwulsten,Speicheldrüsentumoren, Augentumoren, Leukämie und anderen Krebsartenfestgestellt. Weitere Klarheit erhoffen sich die Experten nun von derInterphone-Studie der WHO, die noch in diesem Jahr vorliegen soll.