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Mit angeborenem Herzfehler alt werden

Von Wolfgang Duveneck 24.09.2008, 07:22

Köln/dpa. - Jasmine Krämer war schon 20, als sie zum ersten Mal von ihrer Krankheit erfuhr: Während ihres Sozialpädagogik-Studiums in Köln wurde ihr bei einer Klausur plötzlich übel.

Nach ausgiebigen Untersuchungen im Krankenhaus kam die Diagnose: Das Herz der jungen Studentin ist fehlgebildet - rechte und linke Herzkammer sind von Geburt an vertauscht. Wenn auch bei den meisten anderen Patienten mit angeborenen Herzfehlern die Krankheit wesentlich früher entdeckt wird, haben alle Patienten eines gemeinsam: Ihre Chance, ein weitgehend normales Leben zu führen, ist dank moderner Medizin von Jahr zu Jahr gewachsen.

Für die Ärzte in Deutschland ist das Thema angeborene Herzfehler zunehmend in den Mittelpunkt gerückt. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Düsseldorf leben hier derzeit 180 000 Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern, kurz EMAH-Patienten. In zehn Jahren werde diese Zahl auf 225 000 ansteigen.

Laut einer Statistik der DGK erreichte in den Jahren 1950 bis 1959 nur jeder 10. von den 15 000 Menschen, die mit schweren Herzfehlern zur Welt kamen, das 18. Lebensjahr. Bei den gut 12 000 Patienten, die von 1990 bis 1999 geboren wurden, lag die Überlebensrate mit fast 8500 Patienten bei 70 Prozent.

Dass angeborene Herzfehler erst nach Jahren entdeckt werden, ist seltener geworden. Heutzutage fällt ein Herzfehler meist schon durch die Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft auf. «Wird bei der Routineuntersuchung etwas entdeckt, wird die Frau zum Spezialisten geschickt», sagt Martin Schneider, Chefarzt der Kinderkardiologie im Deutschen Kinderherzzentrum in Sankt Augustin bei Bonn.

In der Vergangenheit kam es häufiger vor, dass Herzfehler bei Neugeborenen nicht bemerkt wurden - zum Beispiel, wenn zwischen den beiden Herzvorkammern ein Loch ist, das keinen Druckunterschied und damit auch keine Geräusche verursacht. «Dann wird ein solcher Defekt unter Umständen zeitlebens nicht entdeckt.»

Insofern hatte Jasmine Krämer Glück. Weil ihr Herz durch die Fehlbildung mit der Zeit aber immer mehr geschwächt wurde, kam es zu häufigeren Herzrhythmusstörungen. Als sie 32 wurde, überwies sie ihr Herzspezialist in das Asklepios-Kinderherzzentrum in Sankt Augustin. Dort bekam sie schließlich einen Herzschrittmacher.

«Eine Woche musste ich in der Klinik bleiben, schon nach einem Monat habe ich nichts mehr von dem Eingriff gemerkt», sagt die heute 35-Jährige. «Immer nachts werden automatisch meine Herzdaten per Funk an ein Rechenzentrum übertragen. Sollte es eine Veränderung geben, bekomme ich einen Anruf von der Kinderklinik.»

Bislang blieben EMAH-Patienten weitgehend in der Obhut ihrer Kinderkardiologen. Inzwischen spezialisieren sich zunehmend auch andere Kardiologen auf angeborene Herzfehler. Die DGK geht davon aus, dass eine vor kurzem beschlossene Zusatzausbildung «EMAH» für Ärzte bald Früchte tragen und die bisherige Lücke in der medizinischen Versorgung schließen wird: Inzwischen haben bereits 30 Ärzte - fünf internistische und 25 Kinderkardiologen - das Zertifikat erhalten.

Dass sie als Erwachsene in einer Kinderklinik behandelt wird, stört Jasmine Krämer nicht: «Wenn ich dort mitunter die kranken kleinen Mädchen und Jungen sehe, denke ich immer, wie gut es mir doch in Wirklichkeit geht.»