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Medizin Medizin: 1929 ist das Geburtsjahr des Herzkatheters

Von Imke Hendrich 04.12.2006, 09:48
Der deutsche Chirurg und Urologe Dr. Werner Forßmann mit seiner Ehefrau Elisabeth, ebenfalls Urologin, in seiner Klinik im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach beim Beurteilen eines Röntgenbildes. (Foto: dpa)
Der deutsche Chirurg und Urologe Dr. Werner Forßmann mit seiner Ehefrau Elisabeth, ebenfalls Urologin, in seiner Klinik im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach beim Beurteilen eines Röntgenbildes. (Foto: dpa) dpa

Eberswalde/Berlin/dpa. - Mit diesen Worten warf erWerner Forßmann aus der Berliner Charité, nachdem ihm derJungmediziner von seinen Selbstversuchen zur «Sondierung des rechtenHerzens» - heute die Herzkatheterisierung - am EberswalderKrankenhaus berichtet hatte. Sauerbruch sollte falsch liegen: 1956 -am 10. Dezember vor 50 Jahren - erhielt Forßmann für seinewissenschaftliche Pionierleistung gemeinsam mit zwei Amerikanern denNobelpreis für Medizin.

Ohne die Selbstversuche von Forßmann im Jahr 1929 und die daraufaufbauenden Forschungen der beiden amerikanischen Wissenschaftlermüsste die moderne Herzdiagnostik und -therapie auf ein inzwischenunentbehrliches Hilfsmittel verzichten: Als 25-Jähriger hatteForßmann in Eberswalde am eigenen Körper bewiesen, dass einGummischlauch (Katheter) gefahrlos über eine Vene in das Herzgeschoben werden kann. Das Ganze geschah heimlich und in«Komplizenschaft» mit einer OP-Schwester, denn der Klinikchef hattederartige Experimente untersagt.

So unternahm der rebellische Forßmann seinen Versuch eben ohneden Segen von oben: «Im Handumdrehen hatte ich meine linke Ellenbeugenarkotisiert und wartete auf die Betäubung. Ich durchtrennte mirschnell die Haut, schob einen Katheter 30 cm weit hinein, packte Mulldarauf und wickelte ein steriles Tuch darum. Vor dem Röntgenschirmschob ich die Sonde mit ihrer Spitze in die Herzkammer, genau wie iches mir vorgestellt hatte. Als dokumentarischen Beweis ließ ichRöntgenaufnahmen machen», berichtete er anschließend. Sein Klinikcheferkannte gleich, dass der junge Arzt «etwas Großartiges entdeckt»hatte.

Bis weit in die 20er Jahre hinein waren Abhorchen, Röntgen und dieElektrokardiographie die Standardmethode der Herzdiagnostik - und siebrachten damals nur selten die gewünschten Ergebnisse. Mit der vonForßmann entwickelten Untersuchungsmethode konnten nun Herzfehler und-erkrankungen, besonders angeborene Missbildungen in ihrer Lage genaubestimmt werden. Sein Eberswalder Klinikchef befand dann auchkurzerhand: «Mit ihren Ideen sind sie an meiner kleinenProvinzabteilung fehl am Platz» und verschaffte Forßmann eineunbezahlte Stelle bei Sauerbruch.

Doch nachdem der berühmte Arzt in einer medizinischen Zeitschriftvon Forßmanns Selbstversuch gelesen hatte, sprach er von«Kunststückchen für den Zirkus» und warf Forßmann aus der Klinik.Unter anderem über Mainz, Dresden und nach sechs Jahren Kriegsdienstgelangte der gebürtige Berliner in den Schwarzwald, wo seinesiebenköpfige Familie auf ihn wartete. Als Soldat und später alsLandarzt tätig und abgeschnitten vom internationalenWissenschaftsbetrieb entging Forßmann, dass der Amerikaner AndréCournand bereits 1941 auf seine Versuche zurückgegriffen hatte.

Gemeinsam mit Dickinson W. Richards entwickelte Cournand dieMethode weiter, bis sie seit etwa 1944 Eingang in die Praxis derHerzspezialisten gefunden hat. Zusammen mit Cournand und Richardserhielt Forßmann schließlich am 10. Dezember 1956 aus den Händen desschwedischen Königs den Nobelpreis. Der deutsche Arzt starb am 1.Juni 1979 in Schopfheim (Baden-Württemberg). Seit 1990 ist dasKrankenhaus in Eberswalde nach ihm benannt.

Der deutsche Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin, Dr. Werner Forßmann (r.), nimmt vom schwedischen König Gustaf Adolf den Nobelpreis im Rahmen der Verleihung der Nobelpreise im schwedischen Stockholm entgegen (Archivfoto vom 10.12.1956). (Foto: dpa)
Der deutsche Nobelpreisträger für Physiologie und Medizin, Dr. Werner Forßmann (r.), nimmt vom schwedischen König Gustaf Adolf den Nobelpreis im Rahmen der Verleihung der Nobelpreise im schwedischen Stockholm entgegen (Archivfoto vom 10.12.1956). (Foto: dpa)
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Das Porträt des deutschen Chirurgen und Urologen Dr. Werner Forßmann (Archivfoto von 1959). (Foto: dpa)
Das Porträt des deutschen Chirurgen und Urologen Dr. Werner Forßmann (Archivfoto von 1959). (Foto: dpa)
dpa