Kieferorthopädie Kieferorthopädie: Zuzahlung für Komfort
Halle/MZ. - Warum müssen Eltern oft für einen Teil der Behandlungskosten selbst aufkommen? Tausende Eltern stellen sich derzeit in Sachsen-Anhalt diese Frage. Denn rund 45 000 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren befinden sich zwischen Arendsee und Zeitz in kieferorthopädischer Behandlung.
"Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen nur eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Behandlung bezahlen. Deren Leistungskatalog ist seit mehr als 20 Jahren unverändert", erläutert Kieferorthopädin Dr. Annemarie Stolze aus Halle die Situation. Dabei entwickelten sich die Methoden der Kieferorthopädie Jahr für Jahr weiter und eröffneten moderne, effizientere, schonende und ästhetische Behandlungsverfahren, wie Stolze, Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie, erklärt.
Kosten explodieren
Diese neuen Behandlungsverfahren können nur als außervertragliche Leistungen (AVL) angeboten werden. Denn die Spitzenvertreter der Zahnärzte und der gesetzlichen Krankenkassen haben die verbesserten Möglichkeiten nicht in den Leistungskatalog aufnehmen können. Der Grund: Schon in anderen Bereichen der Medizin, die oftmals lebensrettend sind, und im Bereich der Medikamente kann die Kostenexplosion nicht mehr abgedeckt werden. Und deshalb müssen die Eltern entscheiden: Entweder sie nutzen für ihr Kind die medizinisch ausreichende Kassenleistung oder die erweiterte, sanftere und ästhetische Variante.
Zähne bewegen sich
Das Problem am Beispiel: Eine 13-jährige Patientin muss mit einer festsitzenden Zahnspange behandelt werden. Die Brackets werden mit einem Bogen verbunden, über den die Kräfte wirken. Bereits nach wenigen Stunden beginnen sich die Zähne zu bewegen. Die ersten Tage mit der festen Zahnspange sind unangenehm und nicht selten etwas schmerzhaft. In vielen Fällen übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten für die Metallbrackets, Gummibänder und den Stahlbogen.
Doch es gibt eine schonendere Alternative, ein System aus sich selbst festhaltenden Brackets und elastischen Bögen, die die Behandlungszeit halbieren und deren geringere Kräfte schonender auf die Zähne wirken. Doch diese schnelle und schmerzärmere Leistung darf die GKV nicht übernehmen. Sie muss deshalb der privaten Vereinbarung zwischen Eltern und dem behandelnden Kieferorthopäden unterliegen.
Ein anderes Beispiel: Ein 15-jähriger Patient soll ebenfalls mit einer festen Zahnspange behandelt werden. Die Finanzierung durch die gesetzliche Krankenkasse sieht nur eine Behandlungsvariante vor, bei der der Jugendliche drei Jahre lang eine feste Zahnspange mit einem großen Außenbügel tragen muss. Damit ist der Teenager nicht einverstanden. Sein Hauszahnarzt gibt zudem zu bedenken, dass bei dieser Variante aufgrund der schlechten Mundhygiene des Patienten und der langen Behandlungszeit das Kariesrisiko stark ansteigt.
Kompromiss suchen
Durch die Bereitschaft zur Zuzahlung der Eltern kann ein für alle akzeptabler Kompromiss gefunden werden.
Die Zähne werden vor dem Bekleben durch den Kieferorthopäden mit einem Dauerlack versorgt, bei jeder Konsultation beim Kieferorthopäden erfolgt eine professionelle Zahnspangenreinigung und durch im Kiefer verankerte Minischrauben kann der Außenbügel entfallen. Besonders das Versprechen, die Behandlungszeit durch ein reibungsarmes Bracket- / Bogensystem zu halbieren, motivieren den Patienten.
Die rund 80 Kieferorthopäden in Sachsen-Anhalt sehen die Veränderungen des Gesundheitswesens und damit auch die Veränderungen in ihrer Praxis mit gemischten Gefühlen. Nicht jedem fällt es leicht, den Eltern die medizinisch sinnvollen außervertraglichen Leistungen für ihr Kind anzubieten. Denn immer steht die Frage der Kosten mit im Raum.
Deshalb sollten Eltern und der behandelnde Kieferorthopäde im Sinne des Kindes ein ausführliches Gespräch über die Möglichkeiten und Alternativen der Kieferorthopädie nutzen. Viele Kieferorthopäden räumen den Eltern mittlerweile Ratenzahlungen für außervertragliche Leistungen ein, die unter Umständen auch zinsfrei gewährt werden.
Nähere Informationen zu den Behandlungsmöglichkeiten in den Fachzahnarztpraxen für Kieferorthopädie, bei den gesetzlichen Krankenkassen sowie bei den Patientenberatungsstellen der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt.