Mit 103 Kilo ins ZielKardiologe Alexander Plehn aus Halle läuft bei Mitteldeutschen Marathon mit
Halle (Saale) - Der Kardiologe Alexander Plehn startet beim Mitteldeutschen Marathon auf der 22-Kilometer-Strecke. Es läuft nicht rund. Warum der Mediziner am Ende trotzdem glücklich ist.
Nach zwei Stunden, 18 Minuten und 43 Sekunden erreicht Alexander Plehn das Ziel. Ausgepowert, aber lächelnd. Zwar hat er für die 21,0975 Kilometer lange Strecke doch etwas mehr Zeit als die von ihm selbst angepeilten zwei Stunden benötigt. Aber Hauptsache geschafft. Es ist ein Höhepunkt auf dem Weg des Kardiologen zurück zu sich selbst, zu einem im wahrsten Sinne des Wortes bewegten Leben, auf dem ihn die MZ seit Monaten begleitet. Auch wenn am Sonntag auf der Halbmarathon-Strecke des Mitteldeutschen Marathons keineswegs alles rund läuft. Nicht nur die ungewöhnliche Wärme macht ihm etwas zu schaffen. Auch sein Magen. Zweimal zwingt der ihn zu einer Unterbrechung. Danach kommt Alexander Plehn schwer wieder in Tritt. Muss ein paar Gehpausen einlegen, „was eigentlich nicht geplant war“. Das kostet Minuten. „Am Ende ist die Zeit aber Nebensache“, sagt der Mediziner. „Es war nicht mein Ziel, eine ganz tolle Zeit zu laufen. Mein Ziel war es, ins Ziel zu kommen.“
Kardiologe Alexander Plehn aus Halle hat 18 Kilogramm abgenommen
Der 42-Jährige hat wieder Freude an der Bewegung. Noch Anfang dieses Jahres wäre er überhaupt nicht auf die Idee gekommen, bei solch einem Lauf anzutreten. Zu dieser Zeit bringt Alexander Plehn 121 Kilogramm auf die Waage und ist damit trotz trotz seiner Größe von 1,88 Meter deutlich übergewichtig. In seiner Haut fühlt er sich schon lange nicht mehr wohl. Höchste Zeit, etwas zu ändern - sprich: sich gesünder zu ernähren und mehr Sport zu treiben. Alles, was der Kardiologe tagtäglich seinen Patienten predigt, das will er nun selbst beherzigen.
Sein Motto: Der dicke Kardiologe geht voran. Er stellt seine Ernährung um. Und er fängt an zu trainieren. Anfangs bevorzugt er Sportarten, die die Gelenke schonen. Das Laufen hält er angesichts seines Gewichts für eine „zu rabiate Belastung“. Doch die Pfunde purzeln schnell. Und schon im Frühjahr, 16 Kilogramm leichter, dreht er regelmäßig seine Runden um den halleschen Hufeisensee. Zunächst noch mit Gehpausen, bald jedoch läuft er 35 bis 40 Minuten durch, ohne danach völlig aus der Puste zu sein. Im Sommer muss Alexander Plehn jedoch ein Pause einlegen. Zwangsweise.
Kardiologe Alexander Plehn aus Halle: Auf dem Fahrrad 400 Kilometer in vier Tagen
Es ist das rechte Knie, das Probleme bereitet. Zwei Wochen wird es geschont. In dieser Zeit steigt er häufiger aufs Fahrrad. Danach ist die Sache ausgestanden und er geht wieder auf die Strecke. 25 bis 30 Kilometer legt er pro Woche zurück. Die kürzeren Läufe - das sind die über zehn Kilometer - geht er dabei sehr zügig an. Zuletzt verschafft er sich seine Kondition wieder auf dem Fahrrad - genauer gesagt auf dem Rennrad. In den Herbstferien, die er mit der Familie auf Mallorca verbringt, strampelt er sich auf den Passstraßen des Tramuntana-Gebirges ab. 400 Kilometer in vier Tagen. Einmal überwindet er auf einer Strecke von 100 Kilometern 2 500 Höhenmeter. „Das ist schon viel, besonders für meine Gewichtsklasse“, sagt er. Doch er absolviert die Strecke „ohne Probleme“.
Nun also der Start beim Mitteldeutschen Marathon. Für Alexander Plehn ist das ein Anknüpfen an alte Zeiten. Dreimal war er hier bereits auf der langen, zweimal auf der halben Distanz unterwegs. Seinen ersten Marathon-Lauf absolviert er übrigens schon 2001 in Rotterdam. Es folgen Hamburg, Berlin, Duisburg ... Und er ist bei Triathlon-Wettkämpfen dabei, den Ironmans - 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und ein Marathonlauf von 42,195 Kilometern.
An die langen Distanzen hat er sich langsam herangelaufen. Anfangs in der Heide, „wo man mich nach fünf Kilometern ausknipsen konnte“. Peu à peu steigert er sich. Startet beim Harzgebirgslauf, beim Rennsteiglauf, beim Kyffhäuser Berglauf. „Wunderschöne Läufe hier in der Region“, schwärmt er. Es ist sein Cousin, der ihn auf den Geschmack bringt. „Der hatte schon in jungen Jahren einen hohen Blutdruck, suchte nach Wegen, etwas dagegen zu tun und fing an zu laufen“, erzählt Alexander Plehn. Und da es zu zweit mehr Spaß macht, läuft er mit.
Kardiologe Alexander Plehn aus Halle hat im Januar die Notbremse gezogen
Doch das alles liegt Jahre zurück. Die Prioritäten verschieben sich. Beruf und Familie stehen im Vordergrund. Die wenige Zeit, die bleibt, gehört der Couch, nicht dem Fitnessstudio. Und so kommt Kilogramm zu Kilogramm. Bis Alexander Plehn im Januar die Notbremse zieht.
Anfangs purzeln die Pfunde auch sehr schnell. Der Mediziner hofft, bald zweistellig zu sein. Eine 95 soll die Waage am Ende zeigen. Doch seine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt. Wochenlang stagniert das Gewicht bei 105 Kilogramm. Zwar weiß er, dass es gerade sein Sport ist, der daran die Schuld trägt. Durch ihn baut er Muskelmasse auf. Und die ist schwerer als Fett. So wird er zwar schlanker, aber nicht im gleichen Maße leichter. Derzeit wiegt er noch immer 103 Kilogramm. Einerseits ärgert ihn das, andererseits sagt er, dass er sich heute belastbarer, leistungsfähiger als noch im Januar fühlt.
Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall gesenkt und den hohen Blutdruck reduziert
Alexander Plehn hat, wie er sich ausdrückt, durch die Gewichtsreduktion und vor allem durch die Bewegung etwas für seine „perspektivische Gesundheit“ getan. Sprich: Das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall gesenkt und den hohen Blutdruck reduziert. Das ist bedeutsamer als eine tolle Zeit beim Halbmarathon. „Ich konnte am Sonntag nicht die Leistung abrufen, die ich eigentlich drauf habe“, sagt er. Aber darauf komme es nicht an. Er habe viele Läufer gesehen, die Gehpausen einlegen mussten. „Aber sie hatten ein Lächeln im Gesicht.“ Sprich: Sie hatten Freude an dem, was sie da gerade tun. Das zähle.
Alexander Plehn macht weiter. „Nächstes Jahr“ so sagt er, „melde ich mich vielleicht auf der langen Distanz an“. Die MZ wird ihn auf diesem Weg weiter begleiten. (mz)