Auch Sachsen-Anhalt betroffen Tödliche Gefahr beim Baden: Warum eine Infektion mit Vibrionen so gefährlich ist
Vibrionen können beim Baden schwere Infektionen auslösen. Auch Gewässer in Sachsen-Anhalt sind betroffen. Worauf man achten sollte.

Berlin. – In Nord- und Ostsee beziehungsweise anderen Gewässern mit einem Salzgehalt zwischen 0,5 und 2,5 Prozent und ab einer Temperatur von mehr als 20 Grad können sich für den Menschen gefährliche Vibrionen in Oberflächengewässern stark vermehren, heißt es vom Robert Koch-Institut (RKI).
Vibrionen auch in Badegewässern in Sachsen-Anhalt
Das Risiko für ein vermehrtes Auftreten der Bakterien bei höheren Temperaturen steigt demnach gerade in flachen, sich schnell erwärmenden Küstenbereichen deutlich.
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Einen entsprechenden Salzgehalt weisen auch zwei Gewässer in Sachsen-Anhalt auf. So wurden nach Angaben Landesamts für Verbraucherschutz in Sachsen-Anhalt im Strandsolbad Staßfurt (Salzlandkreis) und Naturbad Angersdorfer Teiche (Halle) bereits Vibrionen nachgewiesen.
Wie es weiter heißt, könne ein Vorkommen der Bakterien nicht verhindert werden. Die Ausbreitung der Vibrionen stehe auch nicht im Zusammenhang mit der Wasserqualität.
61 von 69 ausgewiesenen Badegewässer in Sachsen-Anhalt wurde eine ausgezeichnete Wasserqualität bescheinigt, teilte das Gesundheitsministerium Magdeburg mit.
Wie viele Fälle von Infektionen gibt es in Deutschland?
Eine Meldepflicht für Infektionen mit den sogenannten Nicht-Cholera-Vibrionen (NCV) besteht in Deutschland erst seit 2020. Das RKI erfasste 2024 insgesamt 42 Fälle, die wahrscheinlich auf Ansteckungen hierzulande zurückgingen.
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Bis Anfang Juli wurden demnach in diesem Jahr mindestens zwei Infektionen gemeldet, die wahrscheinlich auf eine Ansteckung hierzulande zurückgehen (Stand 7. Juli).
Wie gefährlich ist eine Ansteckung mit Vibrionen?
Nicht-Cholera-Vibrionen im Badewasser können zu schnell fortschreitenden Wundinfektionen und – in seltenen Fällen – zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen. Auch Ohrentzündungen sind möglich.
Besonders gefährlich sind Wundinfektionen mit der Art Vibrio vulnificus. "Hier kann bereits eine sehr geringe Bakterienanzahl genügen, um eine Wundinfektion hervorzurufen", heißt es dazu vom RKI. Tiefgreifende Nekrosen und eine daraus resultierende Sepsis könnten durch multiples Organversagen innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen.
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Gefährdet sind vor allem Menschen mit offenen Wunden, frisch gestochenen Tätowierungen oder geschwächtem Immunsystem. Es wird empfohlen, dass diese Menschen das Baden in betroffenen Gewässern meiden.
Behandelt werden die Infektionen mit Antibiotika, die möglichst früh zum Einsatz kommen sollten.
Was sind die Symptome einer Vibrionen-Infektion?
Starker Schmerz in einer Wunde – und zwar so stark, dass er in keinem Verhältnis zur Größe der Wunde steht – ist ein frühes Anzeichen für eine Infektion mit Vibrionen.
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Auch Fieber und Schüttelfrost können auf eine Infektion hindeuten. Rechtzeitig erkannt, lässt sich eine Vibrionen-Infektion – auch bei Risikopatientinnen und -patienten – mit Antibiotika in den Griff bekommen.
Werden Urlauber vor Vibrionen im Wasser gewarnt?
Wie es im aktuellen Epidemiologischen Bulletin des RKI heißt, fordere die EU-Badegewässerrichtlinie bisher keine Prüfung auf Vibrionen. Allerdings werde diskutiert, ob es neue Regelungen wie amtliche Grenzwerte für abgestufte Handlungsempfehlungen geben sollte.
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An der Ostseeküste untersucht das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel stichprobenartig Wasserproben auf Vibrionen. "Im Falle einer erhöhten Gefahrenlage werden dann Warnungen durch die Landesbehörde ausgesprochen", heißt es.
So handhaben es auch andere Bundesländer mit Badegewässern, die bekannt für das Vorkommen von Vibrionen sind.
Die europäische Gesundheitsbehörde ECDC bietet die interaktive Karte "Vibrio Map Viewer" für die Nord- und Ostsee an. Dafür wird das aktuelle Risiko für Massenvermehrungen aus Oberflächentemperaturen und Salzgehalt errechnet.
"Dieses Instrument zeigt eindrucksvoll das steigende Risiko des Vorkommens von humanpathogenen Vibrionen im Wasser im Verlauf von heißen Sommermonaten an den Küsten Deutschlands und angrenzender Nachbarländer", heißt es vom RKI.
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Begünstigt der Klimawandel das Vorkommen von Vibrionen?
Da sich Gewässer im Zuge des Klimawandels erwärmen, steigt auch das Vorkommen von Vibrionen. Denn diese Bakterien vermehren sich erst ab einer Wassertemperatur von 20 Grad Celsius stark.
"Häufigere und längere Wärmeperioden, wie sie zukünftig auch in nördlichen Breitengraden zu erwarten sind, begünstigen das Vorkommen von NCV sowohl in deutschen Küsten- als auch in Binnengewässern", so das RKI.
Ein idealer Lebensraum für Vibrionen sei die Ostsee. Das Meer habe einen niedrigen Salzgehalt und sei eines der sich am schnellsten erwärmenden Meeresökosysteme weltweit.
Hinzu komme eine mögliche Erhöhung der Salzkonzentration in flachen Badegewässern durch verstärkte Verdunstung. In der Folge könnten immer mehr Gewässer optimale Lebensbedingungen für Vibrionen bieten – auch in Sachsen-Anhalt.
In der Summe sei mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen in den kommenden Jahren zu rechnen.
Sind Vibrionen etwas Ungewöhnliches?
Generell seien Vibrio-Bakterien aber nichts Ungewöhnliches. Sie seien weltweit ein natürlicher Bestandteil mikrobieller Meer- und Süßwassergemeinschaften.
Dem RKI sind mehr als 150 Arten bekannt. Ein Dutzend davon können dem Menschen schaden. Vibrio cholerae, der Erreger der Cholera, ist die bekannteste Spezies. Er ist vor allem in Ländern mit einem Mangel an sauberem Trinkwasser ein Problem.
Dieses Bakterium spiele in Deutschland allerdings fast nur bei Reiserückkehrern eine Rolle.
Erst im Februar wurden allerdings Cholerafälle erfasst, die durch importiertes, mit Bakterien verunreinigtes Quellwasser aus Äthiopien verursacht wurden, wie es im RKI-Bulletin heißt.
Einer der drei Patienten wurde intensivmedizinisch behandelt, alle erholten sich. Ähnliche, auf eingeführte Lebensmittel zurückgehende, Infektionen hatte es zuvor schon gegeben.