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Gesund schlafen Gesund schlafen: Wenn Kinder nicht einschlafen wollen

15.10.2003, 09:13
Da schläft das Baby sanft und fest - dass Säuglinge allerdings in regelmäßigen Abständen wach werden und Hunger haben, ist normal. Die wenigsten Kinder schlafen schon in den ersten Monaten die ganze Nacht durch.(Foto: dpa)
Da schläft das Baby sanft und fest - dass Säuglinge allerdings in regelmäßigen Abständen wach werden und Hunger haben, ist normal. Die wenigsten Kinder schlafen schon in den ersten Monaten die ganze Nacht durch.(Foto: dpa) Andreas Heimann

Bamberg/München/dpa. - Kleine Kinder sind wie Engel - jedenfalls wenn sie nach einem anstrengenden Tag abends friedlich in ihrem Bettchen liegen, ihr Kuscheltier im Arm halten und nichts von sich hören lassen außer leisen, regelmäßigen Atemzügen. Bedauerlicherweise sind solche idyllischen Szenen in vielen Kinderzimmern nicht der Normalfall. Viele Eltern erleben im Gegenteil jeden Abend genervt, dass der Nachwuchs unter Protestgeheul behauptet «Ich bin noch nicht müde!» und nach der Gute-Nacht-Zeremonie in kurzen Abständen immer wieder aufsteht. Im schlimmsten Fall können Kinder, die Schwierigkeiten mit dem Schlafen haben, zur ernsten Belastung für die ganze Familie werden.

Dabei sind solche Probleme zumindest teilweise zu vermeiden. Die Eltern sind nach Einschätzung von Experten jedenfalls nicht ganz unbeteiligt, wenn die Einschlaf-Prozedur regelmäßig misslingt. Vor allem bei ganz kleinen Kindern ist allerdings kaum zu verhindern, dass Eltern nachts aus dem Schlaf gerissen werden: «Solange ein Baby noch gestillt wird, lässt sich das nicht umgehen», erläutert Harald Rost vom Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg.

Wenige Wochen alte Säuglinge schlafen üblicherweise schon deshalb nicht durch, weil sie regelmäßig Nahrungsnachschub brauchen. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass der Nachwuchs sich alle drei Stunden meldet. «Wenn es bei den Eltern dann zu Schlafdefiziten kommt, kann das eine massive Belastung sein», so der Diplom-Soziologe. Dass die Hungersignale in der Regel lautstark sind, hat seinen Sinn: Schließlich sollen die Eltern verlässlich auf die Bedürfnisse des Winzlings aufmerksam gemacht werden. «Der kleine Zwerg hat keine Alternative als zu schreien», sagt Gunhild Kilian-Kornell vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in München.

Dass Babys nachts aufwachen, wenn sie nass sind, Körperkontakt suchen oder trinken wollen, ist auch nach Einschätzung von Edith Wolber völlig normal. «Bis zum Alter von 10 Monaten schlafen die meisten noch nicht durch», sagt die Sprecherin des Bundes Deutscher Hebammen mit Sitz in Karlsruhe.

Doch auch wenn längst nicht mehr gestillt wird, schlafen Kinder häufig nicht so tief und fest, wie es sich ihre Eltern wünschen: «Das ist ein Dauerproblem, das so gut wie alle Eltern kennen», sagt Kilian-Kornell. «In der Praxis beim Kinderarzt ist das jeden Tag ein Thema.» Haben Kleinkinder immer wieder Schlafprobleme, ist Ursachenforschung angesagt: «Manchmal muss man Detektiv spielen», sagt Kilian-Kornell. «Es kann sein, dass zum Beispiel ungewohnte Geräusche dahinter stecken, die das Kind vorher nicht gehört hat und die ihm nun Angst machen.»

Im Alter von zwei bis drei Jahren reagierten viele Kinder sensibel auf Unruhe, bestätigt Edith Wolber. Sie möglichst lange aufzulassen, in der Hoffnung, dass sie dann müde werden, sei keine Lösung. «Auch Kinder gezielt toben zu lassen, damit sie abends erschöpft sind, ist nicht vernünftig», warnt die Hebamme: «Kinder sollten vor dem Schlafengehen das Tempo runterfahren.» Kein Problem sei es, wenn die Kleinen ein «Schnuffeltuch» oder ihr Lieblings-Stofftier mit ins Bett nehmen wollen. «Das dürfen sie sich ruhig selbst aussuchen.»

Hilfreich beim Einschlafen sind nach Erfahrung der Expertin Rituale: «Kinder sollten möglichst immer um die gleiche Zeit ins Bett gehen», empfiehlt Wolber. «Waschen, Zähneputzen, Singen oder Vorlesen sollten ihren festen Rhythmus haben. Das gibt Kindern innere Stabilität.» Damit sollte möglichst früh angefangen werden.

Die Bedeutung von Ritualen betonen auch die Diplom-Psychologin Annette Kast-Zahn und der Kinderarzt Hartmut Morgenroth, Autoren des Ratgeber-Klassikers «Jedes Kind kann schlafen lernen». Fällt einem Kind das Einschlafen schwer, schreit es und besteht es auf aufwendigen Einschlafhilfen, empfehlen die Experten einen «Behandlungsplan»: Dem Konzept zufolge sollten Kinder zu festen Zeiten hingelegt werden. Die Eltern bleiben, bevor das Kind schließlich schlafen soll, noch einige Zeit im Zimmer, verabschieden sich und lassen das Kind allein.

Weint es dann, sollten Eltern ihm eine kurze Schreiphase von wenigen Minuten zumuten, wieder zu ihm gehen und es dann erneut - diesmal für ein paar Minuten länger - allein lassen. Gegebenenfalls wird die Prozedur wiederholt - an den Folgetagen jeweils mit noch größeren Abständen. Kinder verlernen nach Überzeugung der Experten auf diese Weise das Schreien und gewöhnen sich daran, alleine einzuschlafen - und ihre Eltern nicht mehr mit Gebrüll zu nerven.

Zähneputzen, Waschen, Schlafanzug anziehen - Kinder brauchen vor dem Zubettgehen einen festen Rhythmus. Rituale, die sich jeden Abend wiederholen, erleichtern das Einschlafen. Hilfreich ist auch, ihnen am Bett noch etwas vorzulesen.(Foto: dpa)
Zähneputzen, Waschen, Schlafanzug anziehen - Kinder brauchen vor dem Zubettgehen einen festen Rhythmus. Rituale, die sich jeden Abend wiederholen, erleichtern das Einschlafen. Hilfreich ist auch, ihnen am Bett noch etwas vorzulesen.(Foto: dpa)
Andreas Heimann