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Frauen Frauen: Unbedingt auf die biologische Uhr hören

Von Carina Frey 21.07.2004, 09:49
Ursachenforschung beim Experten: Kommt es nach einem Jahr ohne Verhütungsmittel nicht zur Empfängnis, sollten sich beide Partner vom Arzt untersuchen lassen (Foto: dpa)
Ursachenforschung beim Experten: Kommt es nach einem Jahr ohne Verhütungsmittel nicht zur Empfängnis, sollten sich beide Partner vom Arzt untersuchen lassen (Foto: dpa) DAK Wigger

Heidelberg/dpa. - Die ersten Karrieresprünge sind gemeistert,monatlich fließt Geld. Erst wenn die beruflichen Weichen gestelltsind, denken viele Paare über Nachwuchs nach. Entsprechend alt sindMütter bei der Geburt des ersten Kindes: 2001 lag der Schnitt lautStatistischem Bundesamt bei 29,7 Jahren. Doch diese Lebensplanungsteht im Widerspruch zur biologischen Uhr: Der späte Kinderwunschgilt als einer der wichtigsten Gründe für mangelnde Fruchtbarkeit.

Etwa jedes sechste Paar in Westeuropa bleibe ungewollt kinderlos,berichtet die in Hamburg erscheinende Zeitschrift «Geo». Dabei sinddie meisten von der Tatsache, dass sich der Kinderwunsch nicht gleichverwirklichen lässt, überrascht, sagt Tewes Wischmann, Buchautor undPsychologe an der Uniklinik Heidelberg. «Sie haben jahrelang verhütetund dachten, wenn sie damit aufhören, bekommen sie gleich ein Kind.»

Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge gilt ein Paar alsunfruchtbar, wenn die Frau innerhalb eines Jahres bei regelmäßigem,ungeschütztem Geschlechtsverkehr nicht schwanger wird. In Deutschlandsind zwei Millionen Paare davon betroffen - zumindest vorübergehend,schätzt Margarita Straub, Therapeutin bei der Beratungsstelle fürSchwangerschaftsfragen und Familienplanung in Ulm.

Spätestens nach einem Jahr sollten ungewollt Kinderlose einenGynäkologen oder Andrologen aufsuchen. Ratschläge wie «Entspannteuch, dann klappt es», helfen laut Psychologe Wischmann nicht. DieEizelle interessiere nicht, was der Kopf macht. «In über 90 Prozentder Fälle liegen organische Störungen vor» - etwa Hormonstörungenoder verklebte Eileiter. Bei manchen Männern sind die Samenleiterblockiert, bei anderen werden zu wenige gut bewegliche Samenzellenausgebildet. «Seelische Aspekte spielen aber schon eine Rolle», sagtAnna Imhoff, Ärztin bei Pro Familia in Krefeld und Köln.

Selbst wenn es sich um ein kurzfristiges Phänomen handelt, ist derSchock groß: «Für viele ist es das erste Mal, dass etwas, was siesich sehr wünschen, nicht klappt», sagt Straub. Ohnmachtsgefühle undWut sind häufige Reaktionen.

Für die Beziehung ist ungewollte Kinderlosigkeit eine Prüfung.«Oft gibt es Schuldzuweisungen», so Imhoff. Geschlechtsverkehr findethäufig nur noch nach Terminplan statt. Schlimmstenfalls wird dasThema totgeschwiegen. «Die Partner ziehen sich immer weiter zurück»,so Wischmann.

Hilfreich können Selbsthilfegruppen sein. Gegenüber Freunden undVerwandten ist laut Wischmann Offenheit die beste Strategie. «BeimThema Kinder wird gegenüber den Eltern oft zur Notlüge gegriffen.Dadurch steigt der Druck auf das Paar.» Manchmal brauchen BetroffeneJahre um anzuerkennen, dass sie ohne Nachwuchs bleiben werden.«Versuchen Sie, sich nicht von dem Thema vereinnahmen zu lassen.»Auch sollte früh überlegt werden, wie ein Leben ohne Kinder aussehenkann. «Eine Perspektive zu haben, ist entlastend», so Straub.

Theoretisch können Frauen bis zum Ende der Wechseljahre schwangerwerden. Mit zunehmendem Alter sinken aber die Chancen, und das Risikovon Komplikationen steigt. Bei 80 Prozent der Paare, dievorübergehend keine Kinder bekommen können, klappe es aberschließlich doch, so Straub - auf natürlichem Weg oder durch eineBehandlung.

Informationen: Eine Liste mit Beratungsstellen veröffentlicht dasBeratungsnetzwerk Kinderwunsch Deutschland im Internet unter www.med.uni-heidelberg.de/psycho/medpsych/bkid/.