Fettleibigkeit Fettleibigkeit: Magen-OPs als letztes Mittel gegen Übergewicht
Hamburg/Mainz/dpa. - Doch nicht für jeden Patienten, der unter Adipositas (Fettleibigkeit) leidet, kommt ein solcher Eingriff in Frage. Der Grad der Fettleibigkeit wird in der Regel mit dem so genannten Body-Mass-Index (BMI) bestimmt. Um den BMI auszurechnen, muss das Körpergewicht in Kilogramm (kg) durch das Quadrat der Körpergröße geteilt werden: Für eine 70 kg schwere und 1,70 Meter große Person ergibt sich zum Beispiel ein BMI-Wert von rund 24.
Als Normalgewicht gilt der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge ein BMI zwischen 18,5 und 24,9. Leicht übergewichtig sind Menschen mit BMI-Werten bis 29,9. «Liegt der BMI über 30, sind Sie adipös», erklärt der Arzt Uwe Lautenschlager vom Adipositas-Zentrum der Roserklinik in Stuttgart. «Hier beginnt das Risiko für Gesundheitsprobleme, ausgelöst durch Übergewicht.»
Ein Magenband ist nach Angaben von Lautenschlager für schwergewichtige Menschen mit einem BMI-Wert von mehr als 35 geeignet. Dabei wird um den vorderen Bereich des Magens ein Silikonschlauch gelegt, der festgenäht wird. Auf diese Weise wird vom Magen ein kleiner Vormagen abgeschnürt, in dem sich schon nach wenigen Bissen die Nahrung staut und auf die Magenwand drückt: Rezeptoren in der Wand senden dann bei Dehnung einen Impuls ans Hirn, der signalisiert: «Ich bin satt!»
Ungeeignet ist die Methode für «Sweet Eater» - also Menschen, die sich gerne mit Limonade und kleinen Kalorienbomben vollstopfen. «Für diese Leute kommt nur der Bypass in Frage», sagt der Chirurg Ernst Ludwig Zurmeyer aus Mainz. Im Vergleich zum Magenband ist dies jedoch ein drastischer Eingriff: Bei einer Magenbypass-OP baut der Chirurg mit dem Darm eine Art Umgehungsstraße. Auf diese Weise wird die Aufnahmekapazität des Magen-Darmtraktes verringert: der Körper kann die Nahrung nur noch schlecht verwerten.
Kein chirurgischer Eingriff im eigentlichen Sinn ist das Einsetzen eines Magenballons: Durch die Speiseröhre wird mit Hilfe eines Endoskops ein etwa faustgroßer Silikonball im Magen platziert und mit einer Kochsalzlösung gefüllt. Der Effekt ist ähnlich wie beim Magenband: Der Magen ist schnell voll und der Betroffene satt. Das Einsetzen erfolgt ambulant und dauert rund eine Viertelstunde.
Zielgruppe dieser Technik sind laut Sebastian Volkmann, Leiter der Interdisziplinären Endoskopie am Evangelischen Krankenhaus in Witten, entweder extrem dicke Menschen mit BMI-Werten von mehr als 50, die vor einer notwendigen Operation einige Kilo abnehmen müssen, oder Menschen mit BMI-Werten von 35 bis 40.
Eine Dauerlösung ist ein Magenballon allerdings nicht: «Ein Magenballon muss nach sechs Monaten wieder raus», sagt Volkmann. Für einen längeren Zeitraum seien sie nicht zugelassen. In der Zeit können dem Experten zufolge aber schon 15 bis 20 Kilogramm abgenommen werden.
Ein chirurgischer Eingriff kann aber immer nur eine Hilfe sein, extremes Übergewicht zu beseitigen. Ohne die Ursachen der Fettleibigkeit zu behandeln, bleibt es ein Herumdoktern an den Symptomen. Das heißt: an kalorienarmer Kost und mehr Bewegung kommen auch diejenigen nicht vorbei, die ihre ersten Pfunde dank einer Operation verloren haben. Doch gerade hierbei können ein Magenballon oder ein Magenband helfen: «Zum Abnehmen braucht man Erfolgserlebnisse», sagt Volkmann. Und wer erst einmal 20 Kilo abgenommen habe, sei viel motivierter, seinen Lebensstil zu ändern.
INFO-KASTEN: Krankenkassen zahlen nur in Ausnahmefällen
Krankenkassen betrachten eine Operation zur Bekämpfung von extremem Übergewicht als allerletzten Ausweg. «Die Kosten für eine Magenband-OP oder eine Magenverkleinerung werden erst dann übernommen, wenn alles andere erfolglos war», erklärt Nina Waldheim von der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) in Hamburg. Schließlich werde ja ein gesundes Organ operiert.
Die Krankenkassse hält sich dabei an ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Jahr 2003. Demnach brauchen die Kassen erst dann für eine Magenband-OP aufzukommen, wenn Ernährungsberatungen, Diäten, Bewegungs- und Psychotherapien sowie Medikamente erfolglos angewandt wurden. (Az.: B 1 KR 37/01 R). Patienten müssen dann einen Antrag stellen, über den der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) entscheidet.
Informationen: Deutsche Adipositas-Gesellschaft, Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg, Fachbereich Ökotrophologie, Lohbrügger Kirchstr. 65, 21033 Hamburg (Internet: www.adipositas-gesellschaft.de); Obesity Academy Frankfurt, Eschersheimer Landstraße. 248, 60320 Frankfurt (Tel.: 0800/956 32 67, E-Mail: [email protected]).
Deutsche Adipositas-Gesellschaft: www.adipositas-gesellschaft.de