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Fellnase am Krankenbett Fellnase am Krankenbett: Hund und Herrchen gemeinsam im Krankenzimmer?

Von Christine Cornelius und Michael Pietsch 11.03.2015, 08:29
Ein spektakulärer Fall hat neue Diskussionen angestoßen: In einem Krankenhausbett im Ichilov-Klinikum von Tel Aviv liegt die Mischlingshündin neben ihrem schwerkranken Herrchen.
Ein spektakulärer Fall hat neue Diskussionen angestoßen: In einem Krankenhausbett im Ichilov-Klinikum von Tel Aviv liegt die Mischlingshündin neben ihrem schwerkranken Herrchen. dpa Lizenz

Halle (Saale) - Ein längerer Krankenhausaufenthalt reißt Senioren aus ihrer gewohnten Umgebung - und trennt sie oft auch von ihrem geliebten Haustier. „Für viele ältere Menschen ist das eine emotionale Katastrophe“, sagt Ursula Lenz vom Senioren-Dachverband Bagso. „Es ist ja inzwischen wissenschaftlich bewiesen, welche positiven Auswirkungen Haustiere auf Ältere haben, insbesondere auf Alleinlebende. Die Menschen sprechen mit ihren Tieren, das ist für die seelische Hygiene ganz wichtig.“

Ist es also vorstellbar, dass Patienten ihre Tiere mit in die Klinik nehmen? „Nein“, sagt der hallesche Tierarzt Jens Brandstädter. „Vierbeiner im Krankenzimmer habe ich noch nicht erlebt. Das würde hygienisch ein Problem geben.“ Genauso wird das von der Deutschen Krankenhausgesellschaft gesehen. In Kliniken seien Tiere aus eben jenen Hygienegründen nicht erlaubt, mit der Ausnahme von Blindenhunden.

´Überraschend: Gerade Hygieniker halten die Idee von Haustieren im Krankenhaus nicht für abwegig. „Klinikärzte sollten das in bestimmten Fällen durchaus in Erwägung ziehen“, findet Hygiene-Facharzt Uwe Frank. Allerdings nur stundenweise, nicht über Nacht. „Wenn zum Beispiel ein älterer Herr einen Herzinfarkt hatte, könnte ich mir das durchaus vorstellen“, sagt der Mediziner vom Heidelberger Uniklinikum. Am ehesten denkbar sei das bei Hunden, sofern sie ein Attest vom Tierarzt hätten und sauber seien. „Das könnte durchaus positive seelische Effekte auf den Patienten haben.“

Hygieniker differenzieren

Enorm belebt wurde die Debatte von einem Fall in Israel: Dort hatten Medien von einer Hündin berichtet, die sich so stark gegen eine Trennung von ihrem kranken Herrchen gewehrt hatte, dass sie mit ihm im Krankenhaus von Tel Aviv aufgenommen wurde. Die Klinikleitung erlaubte es der langhaarigen Mischlingshündin sogar, neben dem Mann im Bett zu liegen. Diese Praxis sei äußerst ungewöhnlich, sagt ein Krankenhaussprecher: „Aber sie war einfach nicht bereit, zu gehen. Wir hatten keine andere Wahl.“

Wohin mit dem Haustier, ist der Halter längere Zeit nicht zu Hause? Ist ein Krankenhausaufenthalt oder eine Auslandsreise der Grund, kann man sich an eine Tierpension wenden. Dort werden Hunde oder Katzen gegen Entgelt betreut und versorgt. Wenn möglich, sollte die Einrichtung vorher besichtigt werden, rät Marius Tünte vom Deutschen Tierschutzbund. So sollte der Halter schauen, auf welchem Raum sein Tier untergebracht und ob genügend Auslauf vorhanden ist. Auch Bauernhöfe oder Tierheime bieten manchmal Pensionsplätze an.

Eine wichtige Anlaufstelle ist das Tierheim vor Ort. Dort findet man Adressen, teilweise werden auch Privatpersonen vermittelt, die die Betreuung für den tierischen Mitbewohner übernehmen können. Auch Tierärzte wissen in der Regel, welche Unterbringungsmöglichkeiten es in der Nähe gibt. Bei Katzen, Nagern oder Vögeln reicht es laut Tünte oft aus, einen Betreuer zu finden, der das Tier in der Wohnung mit Futter versorgt und den Käfig säubert. Für April bis September bietet der Deutsche Tierschutzbund ein Portal an, auf dem aus der jeweiligen Region Betreuungsangebote und -gesuche geschaltet werden können.

Der Heidelberger Hygieniker Frank sagt: „Der Arzt muss abwägen, ob es zum Wohle des Patienten wäre.“ Bei anderen Tieren als Hunden hat aber auch er Bedenken. „Bei Vögeln wäre ich eher zurückhaltend. Die sind nicht kontrollierbar, nicht erziehbar, setzen ihren Kot irgendwohin. Auch bei Reptilien würde ich Nein sagen, die haben häufig Salmonellen im Darm.“ Wegen möglicher Infektionserreger hat der Hygieniker bei Katzen ebenfalls Bedenken.

Auf jeder Station seien Hunde auch nicht sinnvoll, sagt Frank. „In Kliniken, die spezialisiert sind auf Tumorerkrankungen, sind Patienten extrem immungefährdet - da würde ich das natürlich nicht machen.“ Kranke mit offenen Wunden sollten ebenfalls keine Besuche von Haustieren bekommen. Vor allem bei der Inneren Medizin sieht Frank aber Potenzial.

Was der Deutsche Tierschutzbund zum Thema vorschlägt, lesen Sie auf Seite 2.

Der Deutsche Tierschutzbund schlägt eine Art Besucherzimmer für Tiere in Kliniken vor. Gerade bei wochenlangen Aufenthalten könne das beiden Seiten helfen, sagt ein Sprecher. „Für den Menschen hat es eine wohltuende Wirkung. Und für das Tier ist es auch toll, seine Bezugsperson wieder zu Gesicht zu bekommen.“

Zwar keine Haustiere, aber eine Therapiehündin besucht nun schwerstkranke und unheilbar kranke Patienten in den Wiesbadener Dr. Horst Schmidt Kliniken (HSK). „Es geht in dem Moment darum, Mensch zu sein und nicht Patient, was ja leicht in den Hintergrund treten kann, wenn jemand lange in Behandlung ist“, sagt die HSK-Psychologin Yvonne Beuckens. „Viele Patienten wünschen sich sehr engen Kontakt, dann kommt der Hund - aus hygienischen Gründen auf einer großflächigen Unterlage - auch mit aufs Bett.“ Aus den Besuchen des Tieres entstünden Gespräche mit dem Therapeuten, die nach Einschätzung der Psychologin sonst nicht zustande gekommen wären.

Glücksgefühl gegen Schmerzen

„Der positive Einfluss eines Tieres auf Genesung und Heilungsverlauf ist ja unbestritten, zumal Tierhalter signifikant weniger erkranken und wenn, dann schneller genesen“, sagt Jens Brandstädter. Der Veterinär aus Halle ergänzt: „Ein Sonderfall sind nach meiner Erfahrung die Hospize.“ Beispielsweise im Hospiz am St. Elisabeth-Krankenhaus in Halle: „Eine gezielte Tier-Therapie haben wir zwar nicht. Aber wir haben gute Erfahrungen. Etwa, als wir auf Station einem Schwerkranken einen ganz jungen Boxermischling auf den Arm gegeben haben“, sagt die auch in der Sozialarbeit tätige Schwester Gabriele Thamm. So wurden den Schmerzen Glücksgefühle entgegengesetzt. „Im häuslichen Hospizbereich haben wir auch schon einen Therapiehund eingesetzt. Und eine andere Patientin hat ihren kleinen Vogel im Käfig bis zuletzt bei sich gehabt. Bezeichnend für das Verhältnis Mensch - Tier: Als die alte Dame gegangen war, blieb auch der Vogel stumm.“

Haustiere im Krankenhaus hätten durchaus einen Effekt, sagt Psychologin Beuckens. „Das Risiko kann aber dennoch größer sein als der Nutzen: Ein Hund, der im Krankenhaus zu Besuch ist, reagiert oft nicht so, wie der Besitzer sich das vorstellt. Das Tier ist leicht gestresst von den ungewohnten Geräuschen und Eindrücken. Auch riecht sein Herrchen wegen der Krankheit anders als sonst.“

Nach Einschätzung eines Experten für Altersheilkunde kann es aber auch positiv wirken, wenn ein Haustier seinen Besitzer nicht mit ins Krankenhaus begleitet, sondern woanders auf ihn wartet. Ralf-Joachim Schulz von der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie sagt in diesem Zusammenhang: „Das Tier bietet eine ganz tolle Motivation, um wieder aus dem Krankenhaus herauszukommen.“