Endometriose Endometriose: Jede zehnte Frau leidet unter Unterleibsschmerzen
Halle (Saale)/MZ. - Mit Schmerzen im Unterbauch fing es an. Krämpfe, die Rosi Batzler jeden Monat während ihrer Periode für einige Tage auf die Couch zwangen. Heute hat die 56-Jährige ständig Schmerzen. Seit 26 Jahren leidet sie unter Endometriose - einer chronischen Erkrankung, verursacht von Zellen der Gebärmutterschleimhaut, die sich außerhalb der Gebärmutter ansiedeln. Wie sie dorthin kommen, darüber gibt es nur Vermutungen. Hormongaben wie die Anti-Baby-Pille können die meist zyklisch auftretenden Beschwerden lindern. Das schmerzende Gewebe lässt sich zudem operativ entfernen. Doch bei manchen Frauen verschlimmern sich die Schmerzen trotzdem. Sie müssen damit leben.
Zehn Prozent der Frauen betroffen
Etwa jede zehnte Frau im gebärfähigen Alter ist von Endometriose betroffen, schätzt die Stiftung Endometriose-Forschung. Die Dunkelziffer ist hoch, denn die Symptome sind nicht eindeutig. Sie reichen von diffusen, periodenabhängigen Schmerzen im Unterleib bis zu Übelkeit, Migräne, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Beschwerden beim Stuhlgang. Für die Betroffenen beginnt dann oft ein Ärztemarathon. Bei sieben verschiedenen Ärzten war zum Beispiel die 38-jährige Karin Menzel, bis die Endometriose diagnostiziert wurde. "Durchschnittlich vergehen bis zur Diagnose knapp sieben Jahre", sagt Stefan Renner, Leitender Oberarzt der Frauenklinik am Uniklinikum Erlangen und Leiter des dortigen Endometriose-Zentrums. Oft denken Frauenärzte gar nicht an diese Erkrankung. Denn Regelschmerzen gelten als normal. "Spätestens, wenn die Betroffene ihr Leben wegen der Schmerzen nicht mehr im Griff hat, sollte sie zum Arzt gehen", rät Prof. Uwe Ulrich, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Martin-Luther-Krankenhauses Berlin.
Wie es zu der Erkrankung kommt, hat die Forschung noch nicht ausreichend klären können. Bekannt ist jedoch, dass die Schmerzen von Zellen, die der Gebärmutterschleimhaut ähneln, verursacht werden. Diese Zellen verbreiten sich im Körper - meistens im Unterleib - und verhalten sich dort ähnlich wie die Schleimhaut der Gebärmutter. Beeinflusst von den Hormonen, die die Gebärmutterschleimhaut zum Anschwellen und Abbluten bringen, wachsen und bluten auch diese Zellen jeden Monat. Doch den Körper verlassen können sie nicht. Stattdessen verursachen diese sogenannten Endometrioseherde Entzündungen, Schmerzen, Verklebungen, Vernarbungen und im schlimmsten Fall auch Zysten, Tumore und Unfruchtbarkeit. Rund die Hälfte der Frauen, die nicht schwanger werden könnten, leide an einer Endometriose, schätzt Renner. Normalerweise ist es nur über eine Bauchspiegelung möglich, die Krankheitsherde zu finden. Für eine endgültige Diagnose müsse zusätzlich eine Gewebeprobe entnommen werden, sagt Ulrich. Belege diese den Verdacht, sollte die Betroffene ein Endometriose-Zentrum aufsuchen, rät Ulrich.
Der erste Schritt der Behandlung sei eine Hormontherapie, etwa mit der Pille. Dadurch werde die Regelblutung unterdrückt und auch das schmerzende Gewebe außerhalb der Gebärmutter ruhiggestellt, erklärt Ulrich. Doch nicht jede Frau reagiert darauf. Und spätestens sobald die Hormone abgesetzt werden, beginnen die Schmerzen erneut. "Die zentrale Therapie der Endometriose ist immer noch eine Operation", sagt Ulrich. Dabei werden die Krankheitsherde mittels einer Bauchspiegelung entfernt. Danach gebe es wieder Hormone.
Auch diese Behandlung hilft nicht immer. Rosi Batzler hat zwölf Operationen hinter sich. Die Schmerzen sind geblieben. "Oft werden nicht alle Herde gefunden", weiß Ulrich. Doch wenn mehrere Operationen nicht helfen, sollte nicht weiter geschnitten werden. "Spätestens ab der fünften Operation müssen sich alle Beteiligten fragen, ob das noch gut ist", sagt Ulrich. Im Fall von Rosi Batzler sei eine Schmerztherapie angebrachter als eine weitere Operation.
Alternative Hilfen
Bei Karin Menzel hat eine Operation gereicht. Die 38-Jährige ist heute beschwerdefrei. Geholfen hat ihr nach der Operation eine Ernährungsumstellung, sie isst kein Fleisch mehr, keinen Industriezucker, ernährt sich vollwertig. Mit alternativen Heilmethoden wie Ernährungsumstellung, Homöopathie oder Akupunktur, haben inzwischen viele Frauen gute Erfahrungen gemacht.
Auch die meisten Ärzte raten zu Alternativen, wenn die Schulmedizin nicht weiter weiß. Diese Methoden haben Rosi Batzlers Schmerzen zeitweise gelindert. Dauerhaft beim Umgang mit dem Schmerz helfen konnte ihr aber nur der Kontakt zu anderen Betroffenen in einem Endometriose-Netzwerk, das sie mitgegründet hat. "Das hat mir das Gefühl gegeben, dass jemand weiß, wovon ich rede."