Elstner und Kienast Elstner und Kienast: "Unser Gehirn unterschätzt die Gefahr in der Corona-Krise"

Die Corona-Krise hat unser Leben mächtig auf den Kopf gestellt. Am Anfang der Pandemie waren Angst und Verunsicherung vorherrschende Gefühle. Mittlerweile sehen wir volle Straßen, wenig Abstand und Masken, die nur über dem Mund getragen werden. Wie kommt das? Was passiert da in unserem Gehirn?
Thorsten Kienast: Hier geschehen mindestens zwei Dinge im Gehirn. Die Bilder aus Italien oder New York haben dafür gesorgt, dass wir uns präventiv verhalten. Ein Schutzverhalten einhergehend mit dem zeitgleichen Abbau von gegenläufigen, naiven oder rebellischen Verhaltensweisen. Zum anderen neigen Menschen nach einer Weile dazu, ihr Verhalten, gemessen an den gemachten Erfahrungen, abzustimmen. Heißt: Kann das Gehirn nicht auf schwere Erkrankungserfahrung durch Covid-19 zurückgreifen, stuft es das Risiko als gering ein. Ein Grund dafür ist, dass wir die Begriffe wie Corona oder Covid-19 und die wiederkehrenden Nachrichten und die vermeintliche Gefahr, die nicht als solche erlebt worden ist, verknüpft haben. Das führt dazu, dass viele Menschen die Maske unter die Nase rutschen lassen, sie am Kinn tragen und die Abstände schmelzen.