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Das Trauma im Traum Das Trauma im Traum: Psychische Probleme sind auch nachts präsent

Von Dietmar Telser 02.05.2002, 11:01

Köln/Freiburg/dpa. - Manche Träume sollten am bestenWirklichkeit werden, andere sind nicht aufregender als der Alltagselbst. Die bunten Bilder gehören zu jedermanns Schlaf. Doch vor dernächtlichen Ruhe machen auch Probleme nicht halt: Viele psychischeSchwierigkeiten und Erkrankungen spiegeln sich im Traumprofil wieder.

Jeder Mensch träumt meist mehrmals in der Nacht fürdurchschnittlich 20 Minuten. Die Zeit, in der am häufigsten geträumtwird, wird als REM-Phase (Rapid Eye Movement Phase) bezeichnet -benannt nach den in der Traumzeit auffälligen Augenbewegungen undMuskelzuckungen. Wer sich seine Träume bewusst machen will, kann diesüben - etwa indem bestimmte Situationen, Gerüche oder auch Bilder desTraumes kurz nach dem Erwachen notiert werden. «Jeder Traum ist einungelesener Brief», so Renate Maria Tröster, Psychologin undPsychotherapeutin in Köln.

Niemand bleibe aber auch von Albträumen verschont, sagt ProfessorDieter Riemann von der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapieder Universität Freiburg: «Etwa einmal im Monat sind Albträumenormal.» Grund dafür können besondere Stresssituationen sein oderPrüfungsängste. Kehren bestimmte Träume jedoch regelmäßig wieder, soseien oft psychische Erkrankungen dafür verantwortlich.

Besonders häufig werde ein unübliches Traumerleben bei Menschenmit depressiven Erkrankungen bemerkt. «Jeder Zehnte leidet zumindesteinmal in seinem Leben unter schweren Depressionen», schätzt Riemann.Auch im Traum würden dann oft niederschlagende Ereignisse erlebt,Betroffene fühlten sich selbst im Traum wertlos und bedrückt.

Wer an Depressionen leidet, taucht zudem schneller in dieTraumphase ein. «Das könnte daran liegen, dass depressive Menscheneinen starken Druck zum Träumen empfinden», so Riemann. Schließlichhabe der Traum eine emotionsverarbeitende Funktion: «Man möchte imTraum mit seinen Problemen fertig werden.»

Selten sind Träume so belastend und zermürbend wie bei Patientenmit posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Darunter leiden oftOpfer von Verkehrsunfällen, Vergewaltigungen oder Überfällen, aberauch Zeugen dieser Ereignisse und Helfer. «Etwa 20 Prozent der direktan traumatischen Erlebnissen Beteiligten könnten daran erkranken»,schätzt Thomas W. Heinz, leitender Chefarzt der PsychotherapeutischenKlinik Bad Liebenwerda (Brandenburg). Viele hätten regelrecht Angstvor dem Schlaf. «Man fürchtet sich davor, das Ereignis nochmals zuerleben», sagt Riemann.

Bei Menschen, die unter Essstörungen wie Magersucht oder Bulimieleiden, erzählt auch der Traum meist von einer gestörtenKörperwahrnehmung. «Die Menschen halten sich etwa in ihren Träumen zudick, obwohl sie einige Kilo Untergewicht haben», so ProfessorRiemann. Bei Alkoholsüchtigen bewirkt der Alkohol zunächst meist eineUnterdrückung der Traumphase. Erst in der zweiten Hälfte der Nachtwird die REM-Phase nachgeholt und der Betroffene träumt mehr.

Kurzfristig kann die Traumphase bei den meisten psychischenErkrankungen durch Antidepressiva beeinflusst werden. Doch dieseMedikamente bewirken einzig eine Unterdrückung der REM-Phase. Sokönnen bei Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungendie Träume «aufgehellt» werden. Doch die medikamentöse Behandlung istbei Experten umstritten, schließlich könne der REM-Schlaf nachAbsetzung des Medikaments intensiver werden. «Eine sinnvolleBehandlung ist nur durch eine analytische Verhaltenstherapiemöglich», sagt Heinz. Antidepressiva sollten nur begleitend zurAnwendung kommen.

Auch wenn viele Erkrankungen typische Traumprofile zeigen - eineDiagnose nur anhand der Träume zu stellen, hält Riemann für«Scharlatanerie». Jeder erlebe seine Krankheit anders und gehtunterschiedlich damit um. «Träume sind unglaublich erfinderisch»,meint auch Psychotherapeutin Tröster.