Amputation Amputation: Prothesen geben ein Stück Bewegungsfreiheit zurück

Dortmund/dpa. - Wiekomplex solche Bewegungen zu steuern sind, zeigt sich erst, wenn wirohne Hand, Arm oder Bein auskommen müssen. Neue High-Tech-Gliedmaßenhaben eine erstaunliche Leistungsfähigkeit erreicht. Sie könnenAmputierten ein Stück Bewegungsfreiheit zurückgeben.
Zur «S-Klasse» der Beinprothesen zählt das «Power Knee» desisländischen Herstellers Össur. «Damit kann man sogar alternierenddie Treppe 'raufgehen», sagt Thomas Kipping, Orthopädie-Mechaniker inStockum-Püschen (Rheinland-Pfalz). Wie beim Gesunden wird abwechselndmit jedem Bein eine Stufe genommen. Mit herkömmlichen Beinprothesenwar es Oberschenkelamputierten nur möglich, mit dem gesunden Bein dieStufe hinaufzusteigen und das Prothesenbein nachzuziehen.
Bei einem Gesunden machen das Sensoren, die in der Muskulatur undder Gelenkkapsel eingebaut sind. Auf diese Weise wissen wir auch inder Dunkelheit, ob unsere Arme und Beine angewinkelt sind und wo sieim Raum stehen. Beim «Power Knee» ist es ähnlich: Nach Angaben vonÖssur in Pulheim bei Köln messen Sensoren, die am gesunden Beingetragen werden, die Bewegung des Beines und dessen Position im Raum.Die Daten werden an einen Chip in der Prothese weitergeleitet. DieSoftware kann dann den Motor im Kniegelenk der Bewegung anpassen.
Auf eine andere Steuerungstechnik setzt MedizintechnikherstellerOtto Bock HealthCare in Duderstadt in Niedersachsen. Beim «C-Leg»erfassen Sensoren die Dehnbelastung oberhalb des Prothesenfußes undauch den Winkel und die Winkelgeschwindigkeit des Kniegelenkes. DerProzessor des Gelenks erkennt dadurch, in welcher Phase des Gehenssich der Träger befindet. Das «C-Leg»-Kniegelenk kann sich auf dieseWeise an die Gehgeschwindigkeit anpassen. Es erfährt, ob der Menschin der Schwung- oder Standphase ist, und kann für festen Stand sorgenoder den Unterschenkel nach vorne schwingen lassen.
Bei Armprothesen repräsentiert die Myoelektrik den aktuellen Standder Technik: Zieht sich ein Muskel zusammen, entstehen aufgrundbiochemischer Vorgänge elektrische Spannungen, die im Bereich vonMillionstel Volt liegen. Sie können wie bei einem EKG mit Elektrodengemessen und zum Steuern elektrischer Prothesen genutzt werden.
Die Technologie kann aber nur so gut sein wie der Patient, der siesteuert. Die Schnittstelle Mensch-Prothese ist entscheidend. «DasWesentliche ist die Anpassung einer Prothese an den Körper», erklärtStefan Bieringer, Direktor der Bundesfachschule fürOrthopädie-Technik in Dortmund. Für die Auswahl einesProthesensystems ist es wichtig, dass die Betroffenen die Vorteileder entsprechenden Prothese überhaupt nutzen können. «Wer inFeuchträumen arbeitet, wird mit einem elektrischen Oberarm Problemebekommen», sagt Bieringer.
Andererseits sollten Betroffene gegenüber ihrer Krankenkasse aufden High-Tech-Beinen bestehen, wenn sie und der Arzt von dieserProthesenlösung überzeugt sind, rät Bieringer. Viele ältereBetroffene würden sich zu schnell mit einem Rollstuhl abfinden.