Abnehmen mit «Stoffwechselprogramm» auf dem Prüfstand
Isen/Karlsruhe/dpa. - «Metabolic Balance»: Das klingt wie ein Meditationsprogramm oder wie der neueste Gesundheitstrend aus den USA. Wie etwas, das sich die Schönen und Reichen gönnen, um ihr Wohlbefinden zu steigern.
Tatsächlich ist das sogenannte «Stoffwechselprogramm» zurzeit in allen Bevölkerungsschichten ein Thema. Billig ist es deshalb nicht, aber laut seiner Erfinder überaus erfolgreich.
Übersetzt klingt das Ganze einleuchtend: Metabolic bedeutet Stoffwechsel, Balance bedeutet Ausgleich. «Ein ausgewogener Stoffwechsel ist die Basis für den harmonischen Ablauf aller Körperfunktionen», sagt Ernährungsmediziner Wolfgang Funfack aus Isen (Bayern), der das Programm ausgearbeitet hat. Daran zweifeln die wenigsten Wissenschaftler. Nur der Weg dahin bleibt ein Streitpunkt.
«Eine Stoffwechseldiät, das ist doch ein Kunstprodukt. Diäten haben immer etwas mit dem Stoffwechsel zu tun», urteilt Ernährungswissenschaftler Achim Bub vom Max-Rubner-Institut in Karlsruhe. Seiner Ansicht nach reicht es aus, die Ernährung nach einfachen Regeln auszurichten. So sollte sie etwa abwechslungsreich sein. Grundsätzlich sollte der Fettanteil in den Nahrungsmitteln möglichst gering gehalten werden. Und wenn schon Fett, dann pflanzliches. Wer zusätzlich noch regelmäßig Sport treibt und ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt, könne auch ohne spezielle Diät abnehmen.
Ganz anders sieht das Wolfgang Funfack. «Jeder Mensch benötigt andere Bausteine, um seinen Stoffwechsel in Einklang zu bringen. Wer nachhaltig etwas ändern möchte, braucht einen individuellen Ernährungsplan», sagt er. Welche Nahrungsbausteine der Patient benötigt, bestimmt eine Blutanalyse. Kostenfaktor: «Rechnen Sie mit einem Euro pro Tag. Die Basisbetreuung geht etwa über ein Jahr.»
Ziel bei diesem Stoffwechselprogramm sei es vor allem, den Insulin- und Blutzuckerspiegel möglichst gering zu halten. Dadurch stelle sich ein längeres Sättigungsgefühl ein. Funfack betont dabei: «Unsere Teilnehmer können mit Genuss abnehmen.» Vorher jedoch müsse sich der Teilnehmer streng an den Plan halten. Der sieht drei Mahlzeiten am Tag vor, mit jeweils fünf Stunden Pause dazwischen. Kleine Snacks im Laufe des Tages? Laut Grundregeln verboten.
«Das kann man so apodiktisch gar nicht sagen», entgegnet Prof. Kurt Widhalm von der Medizinischen Universität Wien. Der Ernährungsmediziner äußerst sich kritisch über die wissenschaftliche Grundlage: «Mir ist keine einzige Studie oder Publikation bekannt, die sich wissenschaftlich mit Metabolic Balance beschäftigt.»
Dabei sind die Versprechen des Erfinders Funfack groß: «Durch die Stoffwechselregulierung konnten auch schon Krankheiten wie Neurodermitis geheilt werden. Die Haut der Teilnehmer sieht oft jünger aus und das allgemeine Wohlbefinden steigert sich.» Außerdem sei der Jojo-Effekt ausgeschlossen.
Widhalm sieht genau in diesen Versprechen das Problem: «Das alles wäre toll und eine echte Errungenschaft, aber es ist einfach nicht bewiesen.» Bei großem Übergewicht sei es sicher hilfreich, die Behandlung individuell anzupassen. Im Normalfall brauche es dafür aber kein teures Programm, sondern dreimal am Tag Obst und Gemüse und täglich 20 bis 30 Minuten Bewegung.
Literatur: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Gewicht im Griff. Das Abnehmprogramm zum Wohlfühlen, 12,90 Euro plus 2,50 Euro Versandkosten; Dr. med. Wolfgang Funfack, Metabolic Balance: Die Diät. Schluss mit Hungerkuren! Das individuelle Ernährungsprogramm zum gesunden Körpergewicht, Südwest, ISBN-13: 978-3-5170-6955-5, 16,95 Euro
Ratgeber «Gewicht im Griff»: www.vz-nrw.de