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Gesellschaft Gesellschaft: «Hauptsache nicht 08/15»

25.01.2002, 10:35

Köln/dpa. - Waschen, Föhnen, Legen, dazu vielleicht eine TasseKaffee? Lange versprühten viele deutsche Friseursalons einen sprödenCharme. Doch nun hat die Designwelle das Haarschneidehandwerkerfasst. Besonders in den Innenstädten rüsten viele der 64 000deutschen Friseursalons trendmäßig auf. «Wenn ich einen Beauty-Tempel eröffnen will, dann brauche ich natürlich auch die richtigeUmgebung dafür», bringt Dirk Kramprech vom Zentralverband desDeutschen Friseurhandwerks (Köln) die Entwicklung auf den Punkt.

Der Starfriseur Udo Walz bestätigt diese Sicht: «In einem edlenAmbiente fühlen sich die Kundinnen eben auch edler.» In seinen fünfSalons in Berlin, Potsdam und Palma de Mallorca verfolge er ein«minimalistisches, etwas asiatisches Einrichtungskonzept», sagt Walz.Als er vor einigen Jahren begonnen habe, seine Salons mit viel Stahlund Beton zu gestalten, seien einige Kundinnen schockiert gewesen.«Heute kann ich darauf stolz sein, einen Trend mit ins Leben gerufenzu haben.»

Als Trendsetter fühlt sich auch der Prominentenfriseur GerhardMeir. Schon vor 28 Jahren habe er begonnen, Kunstwerke in seinemdamaligen Salon aufzustellen. Heute wolle er mit seinen drei«Schneidehallen» in München, Hamburg und Berlin «den Kundinnen einengroßen Auftritt ermöglichen». Besonders für ausreichend Flächeschwärmt Meir, die größte seiner Hallen misst 600 Quadratmeter. Aberauch die Einrichtung und das Licht müssten stimmen. Meir: «DiePräsentation ist entscheidend. Wir müssen das Spektakel Friseurausweiten.»

Auch Alfred Sartory, Chef des Friseureinrichters Interpartner,beobachtet Veränderungen: «Irgendwann Mitte der achtziger Jahre isteine Welle mit italienischem Design zu uns geschwappt. Seitdem istdas Niveau in deutschen Friseurgeschäften gewaltig gestiegen.» InKöln hat Sartory gerade einen Salon von Graziella Brundo miteingerichtet. Die ist sehr zufrieden mit ihrem neuen Arbeitsplatz.

Knallrote Frisiersessel des Stardesigners Phillipe Starck undriesige, extra angefertigte Spiegel prägen den Raum. «Hauptsachenicht 08/15», sagt Brundo. 125 000 Euro (244 000 Mark) hat sie nacheigenen Angaben für das Interieur ausgegeben. Dafür, so hofft sie,wird der eine oder andere Kunde allein schon wegen des interessantenBlicks durch die Schaufensterscheiben in den Salon gelockt.

Darauf spekuliert auch Patric Hass in seinem Salon in Hannover.Mit wechselnden Themendekorationen will er die Langeweile austreiben.«Es soll nicht so friseurhaft aussehen», sagt Hass. Regelmäßig kämenKunden, die nur von den Schaufenstern angelockt würden. Einigeallerdings wollten sich nicht die Haare schneiden lassen: «Diemöchten wirklich die Dekoration kaufen.»

Diese Kunden gingen bei Silvano Fernandes in Köln leer aus. SeinSalon ist betont schmucklos. Die Kunden sitzen bei ihm nicht wieüblich aufgereiht an der Wand, sondern vor einfachen Bretterwänden,die mitten im Raum stehen. Die ausladenden Ledersessel sind daseinzige Zeichen von Luxus in dem industriell wirkenden Raum. «Wenndie Kunden gut sitzen, dann reicht das doch», sagt Fernandes.

Die Vielfalt sei das eigentliche Merkmal der deutschenFriseurlandschaft, weiß Kramprech vom Zentralverband. «Das wichtigsteist es, die anvisierte Zielgruppe zu erreichen.» Der Figaro hat klareVisionen: «Ein Salon ohne Spiegel, einfach nur ein Stuhl in derMitte.»