Geldautomaten Geldautomaten: Seitensprung ist teuer

Halle/MZ. - Es ist wie in der Liebe: Erst hinterher tut der Seitensprung weh. Auf dem Kontoauszug ist Schwarz auf Weiß zu sehen, dass die Konkurrenzbank für das Abheben am Automaten satte Gebühren in Rechnung gestellt hat. Der Bankkunde schwört sich: "Nie wieder!" Und doch ist es zum Beispiel im Urlaub nicht immer zu vermeiden, fremd zu gehen. Ob die Gebühren niedriger werden sollen, diskutieren derzeit die Politik, die Banken und Verbraucherschützer. Letztere sagen: Derzeit ist vor allem der Kunde der Gekniffene.
Wie teuer das Abheben am Automaten von instituts- oder verbundfremden Automaten werden kann, zeigte eine Auswertung durch die unabhängige Finanzberatung FMH in Frankfurt am Main Anfang des Jahres. 5,64 Euro werden Kunden im Schnitt in Rechnung gestellt, ergab eine Anfrage bei annähernd 200 Banken. "Im Schnitt" bedeutet, dass viele auch weit darüber liegen. Zehn Banken verlangten Anfang des Jahres pauschal 10 Euro, unabhängig von der abgehobenen Summe.
Damit seien die Fremdautomatengebühren immer weiter gestiegen. Etwa ein halbes Jahr zuvor habe die Durchschnittsgebühr 5,14 Euro betragen. Damals ergab sich aus der Anfrage von FMH, dass einzelne Anbieter seit 2006 den Preis um 85 Prozent erhöht hätten. "Da tobt sich der Wettbewerb zwischen den Instituten zulasten der Verbraucher aus", lautet dazu der Kommentar von Prof. Wolgang Gerke, der lange den Lehrstuhl für Bank- und Börsenwesen an der Universität Erlangen-Nürnberg geleitet hat und heute Präsident des Bayerischen Finanzzentrums für Wissenstransfer in München ist. "Es soll sich einprägen: Anderswo abheben ist schlecht." Die Banken wollten über die Weitergabe der Gebühren ihre Kunden binden.
Dass überhaupt Gebühren fällig werden, liegt laut Gerke auch am Drei-Säulen-System im deutschen Bankenwesen aus Sparkassen, Genossenschafts- und Privatbanken. Sie bilden jeweils einen Verbund, innerhalb dessen das Abheben in der Regel kostenfrei ist. Allerdings gibt es allein zwei Verbünde von Privatbanken - Cash Group und Cash Pool. In Wirklichkeit ist die Lage also komplizierter.
Bei der Frage nach der Transparenz setzen auch die Kritiker an. "Die Banken legen die Kosten des Zahlungsverkehrs nicht offen. Sie sagen: 'Das ist Dienst am Kunden'", erläutert Gerke - und verlangen Gebühren, die am Automaten nicht sofort ablesbar sind. "Und es herrscht Willkür: Es ist nicht klar, wie viel das eine Institut dem anderen in Rechnung stellt."
Dass für die Dienstleistung eine Gebühr fällig wird, stellt Gerke nicht infrage. Vor allem Direktbanken, die keine eigenen Automaten betreiben, profitieren vom dichten Filialnetz zum Beispiel der Sparkassen, der Genossenschaftsbanken und großer Privatbanken. "Die Banken sagen: 'Warum sollen wir dem, der uns Kunden klaut, auch noch die Automaten stellen?'"
Auch der Verbraucherzentralen Bundesverband (vzbv) in Berlin fordert nicht die Abschaffung der Gebühren - aber eine Begrenzung auf maximal zwei Euro. Und es müsse an jedem Automaten klar erkennbar sein, was eine Abhebung kostet. "Wir haben ja keine Wahl - wir als Verbraucher brauchen das Geld", sagt vzbv-Bankenexperte Frank-Christian Pauli. "Die Banken rechnen untereinander Strafgebühren ab - und der Verbraucher hat keine Kontrolle darüber." Welchem Bankenverbund der Kunde auch angeschlossen ist - er kann immer an einen Fremdautomaten gelangen. Das müsse nicht sein. In Österreich beispielsweise würden die Geldautomaten nicht von den Banken betrieben, sondern von einem externen Unternehmen. Daher seien Fremdabhebungen kostenlos. Pauli fordert "maßvolle" Gebühren.