Fußball Fußball: Das Runde muss ins Eckige
Hamburg/dpa. - Einige von ihnen werden sich damit aber nicht begnügen und selbst WM-aktiv werden wollen. Gelegenheit dazu gibt es - wenn auch nur im kleinen Maßstab. Denn im Jahr des Fußballspektakels locken Kicker und Tipp-Kick mehr denn je.
Zwei Wochen vor dem Eröffnungsspiel der Fußball-WM geht in Hamburg die erste Weltmeisterschaft im Tischkickern über die Bühne, der Table Soccer World Cup. «20 Nationen werden mitspielen», sagt Philipp Must vom Deutschen Tischfußballbund (DTFB) in Neu Wulmstorf bei Hamburg. Das deutsche Team zählt zwar nicht zu den Topfavoriten und hat damit etwas mit der Elf Jürgen Klinsmanns gemeinsam. Zumindest der Sieg in Turniergruppe B ist laut Must aber drin.
Eine WM im Tischkickern - das dürfte diejenigen wundern, die das Spiel an den robusten Kästen vor allem aus der Kneipe kennen. Doch tatsächlich gibt es in Deutschland und einer ganzen Reihe von anderen Ländern nicht nur eigene nationale Verbände, sondern auch Ligen und Turniere. «In unserer ersten Bundesliga spielen 20 Mannschaften, der amtierende Deutsche Meister heißt KGB Hannover», sagt Philipp Must. «Es wird überall versucht, die Leute aus der Kneipe zu holen.»
Doch nicht nur in Kaschemmen oder Vereinsräumen kann gekickert werden - auch Tische für zu Hause gibt es. Die offiziell von der FIFA lizensierte Ausführung heißt «The Royal», wiegt knapp 100 Kilo und wird vom Unternehmen Carromco aus Norderstedt bei Hamburg vertrieben - Kostenpunkt im Laden: 699 Euro. Zwischen 189 und 1290 Euro kosten die Modelle von Kickerland aus Ilsfeld (Baden-Württemberg). «Der teuerste ist ein Acht-Mann-Kicker», so Geschäftsführer Martin Gauger.
Zahlreiche Ecken hat das Runde, das bei Tipp-Kick ins Eckige muss: Zum Prinzip des Sportspiel-Dauerbrenners gehört, dass der Ball eben nicht ganz rund ist. Auch hier sind die Spezialisten organisiert - in Clubs und im Deutschen Tipp-Kick-Verband (DTKV). «Seit der Fußball-EM steigt die Zahl der Vereine», erzählt Bernd Weber, langjähriger Spieler aus Aalen-Wasseralfingen in Baden-Württemberg - zuvor hatte die Szene über Jahre «geschwächelt».
Freilich zeigen auch die Tipp-Kicker im WM-Jahr bei einer ganzen Reihe von Veranstaltungen Präsenz. «In Göttingen werden am Tag der WM-Eröffnung 1000 Spieler gleichzeitig antreten», sagt Mathias Mieg vom Hersteller Mieg in Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg). Im Gegensatz zur Tischkickerszene steckt hinter Tipp-Kick ein einziges Unternehmen - zu dessen Neuheiten in diesem Jahr Spielfiguren in den Trikotfarben der 32 WM-Teilnehmerländer zählen.
In verschiedenen Vereinstrikots, aber auch im Dress der deutschen Nationalmannschaft kommen die Stars der «Kick-O-Mania»-Serie daher. Die rund 20 Zentimeter großen Figuren mit beweglichen Gelenken sehen Fußballern wie Michael Ballack oder Lukas Podolski aber auch Wayne Rooney von Manchester United oder Alessandro del Piero von Juventus Turin ähnlich - mehr oder weniger jedenfalls.
«Man spannt den Fuß der Figuren nach hinten, und durch einen Druck auf den Rücken schießen sie den Ball», erklärt Leonhard Kirch vom Hersteller Revell aus Bünde (Nordrhein-Westfalen). «Die Technik dabei lässt sich verfeinern.» Wer das Spiel «professionell» betreiben und vielleicht selbst eine «WM» organisieren will, kann das auf einer 2,50 mal 1,60 Meter großen Matte tun und Tore anvisieren, die 50 Zentimeter breit und 32 Zentimeter hoch sind.
Für die ganz jungen Fans hat sich nun auch Playmobil aus Zirndorf bei Nürnberg zum ersten Mal des Themas Fußball angenommen. Das Team um Chefentwickler Bernhard Hane stand dabei vor dem Problem, dass die Playmobil-Männchen ihre Beine nicht unabhängig voneinander bewegen können. Ergebnis der Tüfteleien ist eine Figur mit einem festen und einem schwingenden Bein, das sich über eine Taste bewegen lässt.
«Man kann den Ball auch mit Effet schießen», sagt Bernhard Hane. «Es kommt darauf an, wie man die Fußspitze zum Ball stellt.» Die Torhüter werden mit einer kleinen Stange bewegt. Damit das richtige WM-Gefühl aufkommt, sind vom Frühjahr an Figuren in verschienenden Nationalfarben erhältlich. «Im Sortiment ist auch Torwandschießen.»
Vom Tischkicker bis hin zu den Minifiguren habe sich die Zahl der Fußballartikel gegenüber dem Vorjahr verdreifacht, sagt Otto Umbach vom Branchenverband idee + spiel in Hildesheim. «Unsere Zeitachse reicht bis zum 9. Juni.» Ob sich auch nach dem ersten Spiel der WM noch viele Fans das Turnier nach Hause holen wollen, hängt davon ab, wie zuverlässig die deutsche Elf das Runde ins Eckige bringt - in das exakt 7,22 mal 2,44 Meter große, versteht sich.