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Frischer Wind im kleinsten deutschen Weinanbaugebiet

Von Christiane Raatz und Simona Block 19.05.2009, 10:27

Dresden/Radebeul/dpa. - Sie sind unkonventionell, kreativ, ihre Produkte begehrt: Junge kleinere Weingüter in Sachsen erobern zunehmend Fachwelt und Genießer in ganz Deutschland.

Die Elbtal-Winzer Karl Friedrich Aust und Klaus Zimmerling sowie das Weingut «Drei Herren» setzen auf Handarbeit, Natürlichkeit im Weinberg und Qualität. Der Erfolg gibt ihnen recht: Die «Drei Herren» Scheurebe wurde 2008 einer der besten trockenen deutschen Weißweine, Prominente sind Fans der Aust-Tropfen und Zimmerling-Weine werden inzwischen in Deutschlands Spitzengastronomie gereicht.

Das Weingut «Drei Herren», seit Ende 2005 am Markt, wird von der deutschen Weinprinzessin 2004, Antje Wiedemann, dem Winzer Claus Höhne und dem Kunsthistoriker Rainer Beck betrieben. «Wir sind eben kein traditionelles Weingut und fallen deshalb manchmal etwas aus dem Rahmen», sagt Wiedemann, die unter anderem für den Ausbau der Weine im Keller verantwortlich ist und sich vieles selbst beigebracht hat. Auf etwa 35 Prozent der vier Hektar großen «Drei Herren»-Rebfläche wachsen rote Trauben wie Regent - ein für sächsische Verhältnisse ungewöhnlich hoher Rotwein-Anteil. Wiedemann will die Reben möglichst natürlich belassen. «Je mehr man den Wein chemisch behandelt, desto mehr verliert er an Natürlichkeit». Bisher werden pro Jahr etwa 26 000 Flaschen abgefüllt, künftig sollen es 30 000 sein.

Unweit davon liegt das Weingut Aust. Die goldene Fortuna auf der Spitze des Turmhauses aus dem 18. Jahrhundert hat dem Winzer Glück gebracht: Seine Weine gelten als Geheimtipp. 2003 kostete Entertainer Alfred Biolek im Berliner Edelrestaurant Vau ein Glas Traminer - und war so begeistert, dass er sofort den Winzer kennenlernen wollte. TV-Koch Johann Lafer plant demnächst eine Sendung bei Aust. «Am Anfang habe ich viele skeptische Blicke geerntet», erinnert sich der gelernte Steinmetz. Von 1997 an galt jede freie Minute dem Weinbau. Um Geld zu sparen, setzte er Holzpfähle aus dem Wald, an denen die Reben wachsen konnten. 2001 hängte er seinen Beruf an den Nagel.

Die Rebstöcke stammen noch aus DDR-Zeiten und wurden bereits von seinem Vater als Hobbywinzer bewirtschaftet. «Der Geruch der Holzfässer, der süße Most, die Lese im Herbst ­ die Liebe zum Wein hat mich schon als Kind geprägt», erzählt er. Viele Flächen hat Aust nach und nach aufgerebt und dabei neue, besser angepasste Sorten gepflanzt. Auf rund 4,5 Hektar, meist am Steilhang, wachsen Traminer, Spät- und Weißburgunder sowie Riesling. Pro Jahr füllt Aust rund 30 000 Flaschen ab, dreimal mehr als vor sechs Jahren. Ginge es nach den Abnehmern, könnten es noch mehr sein. «Spektakuläre Jahrgänge brauchen ihre Zeit», sagt jedoch der 31-Jährige.

Das sieht auch Autodidakt Zimmerling in Dresden-Pillnitz so, der zudem ein «entspanntes Leben mit und für den Wein» schätzt. Als Student stellte der Maschinenbauingenieur zunächst Süffiges aus Obst her, «um den Durst zu stillen». Da es in der DDR für die Steigerung zum Wein an Trauben mangelte, wurde er Hobbywinzer und pachtete am einst königlichen Weinberg in Dresden-Wachwitz 2000 Quadratmeter. Die «Kunst des Weinbaus» hat er sich angelesen und andere Hobbywinzer gefragt. «Von Anfang an war klar, dass ich es ökologisch machen wollte, ohne chemische Düngung und Mittel», sagt der 49-Jährige. Schwefel und Kupfer dagegen wirkten nur an der Oberfläche.

1990 kündigte der Konstrukteur, ging für ein Jahr nach Österreich zum Praktikum auf einem ökologisch arbeitenden Weingut. «Ich habe mich langsam von unten nach oben entwickelt, zuerst eine ehemalige Pfirsichplantage, 1997 dann den Berg aufgerebt.» Anfangs tranken er und seine Frau, die aus Polen stammende Bildhauerin Malgorzata Chodakowska, den Wein lieber selbst. Inzwischen sind die ausschließlich weißen Jahrgänge nicht nur entlang der Elbe beliebt. «Der sehr stark verwitterte Granitboden und die Südwestlage sind ideal für Riesling, Weiß- und Grauburgunder, Traminer und Kerner.»

Von den vier Hektar Anbaufläche gewinnt er 10 000 bis 15 000 Liter pro Jahr. «Das reicht mir auch, ist genug Arbeit und genug Wein.» Im Weinberg an der Rüsselkuppe, der früher die Früchte für den königlichen Trunk lieferte, hantiert der Chef übers Jahr allein. Bei der Lese helfen Familie, Freunde, Nachbarn, Bekannte. Fast alle Tropfen kommen in Halbliterflaschen, der Jahrgang ist am exklusivem Etikett ablesbar: dem Foto einer Holz- oder Bronze-Skulptur seiner Frau, der Bildhauerin. «Sie muss jedes Jahr eine machen», scherzt der 49-Jährige.

Weingut Zimmerling: www.weingut-zimmerling.de

Weingut Drei Herren: www.weingutdreiherren.de

Weingut Aust: www.weingut-aust.de